Great Barrier ReefAustralische Regierung will Aufnahme des Riffs auf Liste der gefährdeten Welterben verhindern

Great Barrier Reef / Australische Regierung will Aufnahme des Riffs auf Liste der gefährdeten Welterben verhindern
Zwei Clownfische schwimmen in einer Anemone am Moore Reef in Gunggandji Sea Country vor der Küste von Queensland. Das Great Barrier Reef, das durch die Auswirkungen des Klimawandels zwar geschädigt, aber nicht zerstört wurde, gibt Anlass zu Hoffnung und Besorgnis gleichermaßen, denn die Forscher versuchen zu verstehen, wie es in einer sich erwärmenden Welt überleben kann. Foto: AP/dpa/Sam Mcneil

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Ein UN-Bericht empfiehlt erneut, das Great Barrier Reef auf der Liste der gefährdeten Welterben aufzunehmen. Die Gesundheit des weltgrößten Korallenriffs ist seit Jahren angeschlagen. Doch die australische Regierung will die Blamage verhindern.

Erneut hat eine UN-Delegation empfohlen, das Great Barrier Reef auf die Liste der gefährdeten Welterben zu setzen. Die Experten der Vereinten Nationen fordern in einem aktuellen Bericht „ehrgeizige, schnelle und nachhaltige“ Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel. Letzteren haben die Experten als eine der Hauptgefahren für die Korallen identifiziert. Trotz der „beispiellosen wissenschaftlichen und verwaltungstechnischen Bemühungen“, die Australien in den letzten Jahren unternommen habe, leide das Riff „erheblich“ unter den Folgen des Klimawandels, heißt es in dem Bericht.

Die UN-Experten hatten das Riff, das seit 1981 Weltnaturerbe ist, im März besucht. Damals war es gerade von einer sechsten Massenbleiche seit 1998 – einer vierten Bleiche seit 2016 – getroffen worden. Dies war zudem die erste Bleiche in einer La-Niña-Phase gewesen, die normalerweise mehr Wolkenbedeckung und geringere Temperaturen mit sich bringen sollte.

Forderung nach ehrgeizigeren Klimazielen

Ein weiterer kritischer Punkt ist, dass auch der Säuregehalt des Wassers zugenommen hat. Die Great Barrier Reef Park Authority spricht von einem Anstieg von inzwischen 26 Prozent. Dies verlangsamt das Wachstum der Korallen und macht sie anfälliger für Schäden. Zudem konnte die Wasserqualität nicht zu dem Ausmaß verbessert werden, wie dies die Regierung im Bundesstaat Queensland, vor dessen Küste das Riff liegt, sowie die Bundesregierung in Canberra versprochen hatten. Kritisch merkten die UN-Experten auch an, dass in der Region des Riffs nach wie vor Kiemennetze zum Einsatz kommen, die immer wieder auch Dugongs, Schildkröten, Delfine und geschützte Haiarten töten.

Neben der Verringerung von Sedimenten und dem Abfluss von Schadstoffen aus der Landwirtschaft empfiehlt die Unesco in ihrem Bericht deswegen auch den Stopp der zerstörerischen Netze. In erster Linie fordern die UN-Experten aber nochmals ehrgeizigere Klimaziele, die mit einem Stopp der Erwärmung bei 1,5 Grad Celsius vereinbar sind. Bisher hat sich die australische Regierung unter dem Sozialdemokraten Anthony Albanese dazu verpflichtet, die Emissionen bis 2030 43 Prozent unter das Niveau von 2005 zu drücken. Letzteres ist bereits eine deutliche Verbesserung verglichen mit den Zusagen der Vorgängerregierung. Doch laut Climate Analytics, einem internationalen Institut für Klimawissenschaft und -politik, ist dieses Ziel nur mit einer Erwärmung von mehr als zwei Grad vereinbar. Um die Erwärmung bei 1,5 Grad aufzuhalten, müsse das Land die Emissionen bis 2030 um etwa 74 Prozent reduzieren.

Ausgaben für das Riff erhöht

Der aktuelle Bericht der UN bedeutet nicht automatisch, dass das Riff auf der sogenannten Roten Liste der gefährdeten Welterben landen wird. Dies erfordert eine Abstimmung des Welterbe-Komitees. Die australische Regierung machte am Dienstag bereits deutlich, dass sie gegen eine Aufnahme argumentieren werde. „Wir werden gegenüber der Unesco deutlich machen, dass es nicht nötig ist, das Great Barrier Reef auf diese Weise hervorzuheben“, sagte Umweltministerin Tanya Plibersek. Die Unesco habe Orte in der Vergangenheit als gefährdet eingestuft, wenn sie größere staatliche Investitionen oder größere staatliche Maßnahmen sehen wollte, doch mit dem Regierungswechsel sei beides nun geschehen.

Tatsächlich hat die Labor-Regierung, die seit Mai Australiens Geschicke führt, die Ausgaben für das Great Barrier Reef in den vergangenen Monaten nochmals deutlich erhöht: Bis 2030 hat Canberra insgesamt 1,2 Milliarden Dollar, umgerechnet fast 775 Millionen Euro, für den Erhalt des Riffs zugesagt, das die Heimat von 1.500 Fischspezies und 400 Korallenarten bildet.

Blitzkampagne verhinderte Aufnahme vor einem Jahr

Trotz dieser Zusage sollte der UN-Bericht für all diejenigen, die sich über das Riff informiert hätten, „keine Überraschung“ sein, wie der Korallenexperte Terry Hughes meinte. Er fordert wie etliche andere australische Wissenschaftler auch, „dass Australien aus fossilen Brennstoffen aussteigt“. Obwohl sich Forscher wie Hughes damit auf die Seite der UN-Experten schlugen, kursierten auf Twitter etliche Posts, die das tatsächliche Bild am Riff „aufzuhübschen“ versuchten. So kritisierten einige Kommentatoren die UN-Delegation, indem sie auf einen Bericht von Anfang August verwiesen. Damals meldeten mehrere Medien, dass Forscher im Norden und im Zentrum des Riffs die höchste Korallenbedeckung seit über drei Jahrzehnten gemessen hätten. Doch letztere Nachricht erwies sich leider als „trügerisch“, da es sich um wenige dominante Arten handelte, die nach einer Störung wie einer Massenbleiche schnell heranwachsen. Diese Arten sind jedoch extrem störanfällig und sterben meist innerhalb weniger Jahre wieder ab.

Im vergangenen Jahr konnte die damalige australische Regierung eine Aufnahme des Riffs auf der Roten Liste mit einer Blitzkampagne in letzter Sekunde verhindern. Die damalige australische Umweltministerin Sussan Ley traf innerhalb von nur acht Tagen Entscheider aus 18 Ländern persönlich oder virtuell. Zusätzlich dazu lud man internationale Diplomaten zum Schnorcheltrip ans Great Barrier Reef ein. Die Lobbyarbeit funktionierte, eine Aufnahme auf die Liste wurde damals abgelehnt.