Wenn der Frauenarzt zur Kamera greift

Wenn der Frauenarzt zur Kamera greift
(dpa)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In einer Frauenarztpraxis in Rheinland-Pfalz sind mehr als 35.000 Fotos von teils nackten Patientinnen entdeckt worden. Der Gynäkologe ist geständig.

Ein Frauenarzt soll im pfälzischen Schifferstadt mehr als 3000 Patientinnen heimlich während der Untersuchung fotografiert haben. Bei einer Durchsuchung der Praxis stellten Polizei und Staatsanwaltschaft am 23. August mindestens 35.000 Bilder sicher. Wie der Leiter der Staatsanwaltschaft Frankenthal, Lothar Liebig, am Mittwoch in Ludwigshafen sagte, sind sie aber noch nicht alle gesichtet.

Der 56-jährige Facharzt für Gynäkologie betrieb seine Praxis in Schifferstadt seit Jahrzehnten, die Staatsanwaltschaft geht aber von einem dreijährigen Tatzeitraum aus. Der Arzt begann den bisherigen Ermittlungen zufolge im Jahr 2008 damit, entweder einzelne Körperregionen oder die ahnungslosen Frauen ganz zu fotografieren, berichtete Liebig.

„Verschiedene Untersuchungssituationen“

Wie er dies seinen Patientinnen verheimlichen konnte, ist noch unklar. Möglich sei, dass er einen medizinischen Grund vortäuschte oder Momente nutzte, in denen sie die Kamera nicht bemerken konnten. Der Arzt hatte seine Praxis den Angaben zufolge so organisiert, dass während der Untersuchung nur er mit den Patientinnen im Raum war.

Auf den Bildern seien „verschiedene Untersuchungssituationen“ zu sehen, sagte der Oberstaatsanwalt. Die Fotos speicherte der Arzt auf seinem Computer, verbreitete sie aber nach bisherigen Erkenntnissen nicht weiter. „Wir gehen von einer Sammlung aus, die der Arzt für sich, für eigene Zwecke angelegt hat“, sagte Liebig. Er betonte aber, die Ermittlungen stünden erst am Anfang.

Verdacht geschöpft

Der Hinweis kam den Angaben zufolge von den beiden Arzthelferinnen der Praxis, die Verdacht schöpften. Mitte August wandten sie sich an die Polizei, da sie feststellten, „dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht“, wie der Oberstaatsanwalt berichtete. Sie seien sich bewusst gewesen, dass sie dadurch ihren Arbeitsplatz verlieren würden.

Liebig erklärte, es handele sich um ein Antragsdelikt – eine Strafverfolgung des Arztes sei nur möglich, wenn eine oder mehrere Frauen Strafantrag stellten. Bisher sei dies noch nicht geschehen. Die Polizei richtete eine neunköpfige Ermittlungsgruppe in Speyer ein und will die Frauen benachrichtigen, die auf den Bildern zu erkennen sind. Die Ermittler stellten auch schriftliche Unterlagen sicher, die zu den Fotos gehören und ausgewertet werden sollen.

Freiwillig geschlossen

Der Mediziner habe angekündigt, bei der Zuordnung der Bilder zu helfen. Zum Tatvorwurf habe er sich aber noch nicht geäußert. Der Leiter der Ermittlungsgruppe der Polizei, Uwe Bauchowitz, beschrieb den 56-Jährigen als sehr intelligent, zuvorkommend und kooperativ. Seine Praxis habe er freiwillig geschlossen und versichert, dass er sie nicht mehr aufmachen wolle. Ihm droht laut Liebig eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. Der Arzt soll gegen Paragraf 201a des Strafgesetzbuches verstoßen haben, der die „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen“ beschreibt.