Warnsignal für Assad

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Während das Sterben in Syrien andauert, sucht die internationale Diplomatie weiter nach einem Weg, das Blutvergießen zu beenden. Dabei verhandelt Russland erstmals offiziell mit der syrischen Opposition.

Erstmals hat die russische Regierung offiziell Gespräche mit der syrischen Opposition geführt. Zwar brachte das Treffen des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit dem Vorsitzenden des Syrischen Nationalrats (SNC), Abdelbaset Seida, am Mittwoch in Moskau keine greifbare Annäherung. Doch allein die Tatsache, dass Moskau mit den Gegnern des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad redet, gilt als Zeichen dafür, dass die Unterstützung Russlands für das Regime in Damaskus nicht unumstößlich ist. In New York wollte sich am Mittwoch auch der Weltsicherheitsrat mit dem Syrien-Konflikt beschäftigen.

Wie SNC-Chef Seida nach dem Treffen mit Lawrow mitteilte, gehen die Meinungen über den Weg zur Beendigung des Blutvergießens weiterhin auseinander. Er forderte nach Angaben der Agentur Interfax ein von den Vereinten Nationen unterstütztes militärisches Eingreifen. Die UN-Vetomacht Russland lehnt dies aber entschieden ab. Seida kritisierte auch, dass Moskau die Forderungen nach einem Rücktritt Assads kategorisch zurückweise.

Freie Wahlen

Lawrow hatte zuletzt vorgeschlagen, dass freie und faire Wahlen unter strenger internationaler Kontrolle über das Schicksal Assads entscheiden könnten. Zunächst wird eine Übergangsregierung für Damaskus angestrebt, an der Kräfte des bisherigen Regimes und der Opposition beteiligt werden. Das sieht auch der Plan des Syrien-Sonderbeauftragten der Vereinten Nationen und der Arabischen Liga, Kofi Annan, vor. Die zersplitterte Opposition will dagegen den Dialog erst beginnen, wenn Assad von der politischen Bühne abtritt.

Wenige Stunden vor einer vertraulichen Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York wurde ein Resolutionsentwurf Moskaus publik, der im Wesentlichen eine Verlängerung der Beobachtermission in Syrien nach bisherigem Muster vorsieht. Der auf drei Monate begrenzte Einsatz endet am 20. Juli, kann aber verlängert werden.

Generalamnestie für „Oppositionelle“

Annan wollte den Rat in New York am Mittwoch über seine jüngste Vermittlungsmission unterrichten. Er hatte sich nach einem Treffen mit Assad am Montag in Damaskus für einen Dialog zwischen den verfeindeten Lagern ausgesprochen. Nach inoffiziellen Angaben soll es bei den Gesprächen um eine Art Generalamnestie für „bewaffnete Oppositionelle“ gegangen sein. Die Assad-Gegner sollen im Gegenzug ihre Waffen „dem Staat“ übergeben.

Westliche Diplomaten bezeichneten es als „unglücklich“, dass Russland mit seinem Resolutionsentwurf nicht die Unterrichtung durch Annan und Blauhelmchef Hervé Ladsous abgewartet habe.

Blauhelme gefordert

Menschenrechtsgruppen forderten ein stärkeres humanitäres Engagement der UN-Blauhelme in Syrien. Ein neues Mandat für die UN-Beobachtermission müsse eine „starke und angemessene humanitäre Komponente enthalten“, hieß es in einem Brief an die 15 Mitgliedsländer des Rates. Der Brief war unter anderem von Amnesty International und Human Rights Watch unterzeichnet. Dazu solle die Mission mit Experten ausgestattet werden, die in der Lage sein müssten, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und schwere Menschenrechtsverletzungen zu dokumentieren.

Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten sind seit Beginn der Proteste gegen das Assad-Regime bereits mehr als 14.000 Menschen ums Leben gekommen. Durch die Militarisierung der Opposition steigt inzwischen auch die Zahl der getöteten Kämpfer.

90 Menschen getötet

Wie die Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter am Mittwoch mitteilte, seien am Vortag landesweit etwa 90 Menschen getötet worden. Rund die Hälfte davon seien Soldaten, Deserteure und andere bewaffnete Oppositionelle gewesen. Am Mittwoch zählten Aktivisten aufseiten der Regimegegner 40 Tote, darunter 17 Deserteure. Die meisten von ihnen seien im Umland von Damaskus von den Regierungstruppen getötet worden.

Keine offizielle Bestätigung gab es zunächst für Berichte der Opposition, wonach sich der syrische Botschafter in Bagdad, Nawaf Faris, vom Regime losgesagt haben soll. In der Botschaft war zunächst niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Der Sprecher der irakischen Regierung, Ali al-Dabbagh, sagte, er wisse nichts davon.

Der Nachrichtensender Al-Arabija meldete, der syrische Botschafter sei vor zwei Tagen von Bagdad nach Erbil gereist. Erbil ist die Hauptstadt des Autonomiegebietes der Kurden im Irak. Die Autonomieregierung sympathisiert mit den syrischen Revolutionären.