Verwirrung um iranischen Lieferstopp

Verwirrung um iranischen Lieferstopp
(dpa)

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Der Iran will seine Öl-Lieferungen an europäische Staaten fortführen. Teheran dementiert eigene Berichte. Der Westen tut sich unterdessen schwer mit einem Stopp von Öl-Einfuhren aus dem Land.

„Es ist unklar, woher diese Berichte stammen, aber es gab keine Entscheidung, weder vom Ministerium noch von der Regierung, die Erdölexporte in die EU zu stoppen“, sagte Generaldirektor Mohsen Kamsari der Nachrichtenagentur Isna. Zuvor hatten der staatliche Internet-Nachrichtensender Press TV und andere Medien im Iran den Exportstopp ohne Angabe von Quellen gemeldet. Am Vormittag waren die Botschafter von sechs EU- Mitgliedsländern ohne nähere Angaben von Gründen in das iranische Außenministerium zitiert worden.

Meim Erdölboykott gegen den Iran tut sich der Westen schwer. Eigentlich sollte der Schulterschluss mit den asiatischen Industriemächten den Druck auf Teheran noch weiter erhöhen. Doch die Bemühungen der USA, die vier größten fernöstlichen Abnehmerstaaten von iranischem Öl zu einer Beteiligung am Embargo des Westens zu bewegen, scheinen bisher nicht von Erfolg gekrönt. Die Wirksamkeit der im Streit um das Atomprogramm Teherans verhängten Sanktionen wird damit fraglich. Etwa 60 Prozent der iranischen Ölexporte gingen im vergangenen Jahr nach China, Indien, Japan und Südkorea – und spülten umgerechnet rund 45 Milliarden Euro in die Kassen Teherans.

Kein Erfolg

Mit einer diplomatischen Offensive versuchten die USA in den vergangenen Wochen, die Regierungen der vier Staaten zum Umdenken zu bewegen. Bisher ohne Erfolg: Das Außenministerium in Seoul erklärte, sich noch nicht entschieden zu haben. Auch Japan scheint nicht zu einer signifikanten Reduktion des Importvolumens bereit. Zwar sagte Ministerpräsident Yoshihiko Noda eine Verringerung der Importmenge aus dem Iran zu, allerdings hat Tokio gegen das von den USA ausgesprochene Handelsverbot Ausnahmegenehmigungen beantragt.

Indien und China könnten ihre Importe aus dem Iran sogar noch erhöhen, falls der Preis für iranisches Öl fällt. In China verbat sich die kommunistische Partei die US-Offensive: Per Parteizeitung klagte sie über die Initiative des Westens, die USA „werfen einen Schatten über die Weltwirtschaft“.

Chinesischer Druck

Der Ölmarktexperte Victor Shum sagte in Singapur, er sei überzeugt davon, dass China in den kommenden Monaten die Importe aus dem Iran verstärken werde. „China will eine strategische Rohölreserve aufbauen und ist im Moment in einer hervorragenden Verhandlungsposition“, sagte er. Derzeit kann China seinen Ölbedarf 21 Tage ohne Einfuhren decken, bis Anfang nächsten Jahres soll die Reserve auf das 45-Fache der täglichen Importmenge ausgebaut werden.

Indien hat seine Ölimporte aus dem Iran bereits erhöht. Im Januar führte das Schwellenland sogar 60 Prozent mehr iranisches Öl ein als im Jahresdurchschnitt 2011. Auch weil viele indische Raffinerien auf die Verarbeitung iranischen Rohöls spezialisiert sind, ist es unwahrscheinlich, dass sich Indien einem Boykott anschließt.