„Star Wars“ war Peking ein Dorn im Auge

„Star Wars“ war Peking ein Dorn im Auge
(AFP/Johannes Eisele)

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Zeigen wollte ihn die kommunistische Staatsführung ihrem Volk nicht - ihn aber für Propagandazwecke nutzen. China ließ den ersten Star-Wars-Film umschreiben.

Es war einmal, vor langer Zeit, im fernen China: Damals durfte der Illustrator Song Feideng im südchinesischen Guangzhou den ersten Star-Wars-Film sehen, obwohl dieser 1980 verboten war. Denn Song sollte aus George Lucas‘ Meisterwerk ein „lianhuanhua“ machen, einen traditionellen chinesischen Comic. Der Film, der drei Jahre zuvor die Kinobesucher begeistert hatte, „war sehr innovativ, sehr aufregend“, erzählt Song.

Zeigen wollte ihn die kommunistische Staatsführung ihrem Volk nicht – ihn aber für Propagandazwecke nutzen. China erwachte 1980 gerade aus der Isolation der Mao-Ära: „Ziel war es, die Welt der modernen Wissenschaft in China populär zu machen“, erinnert sich der Künstler. In seinem Comic ersetzte er also den X-Wing-Raumfighter durch sowjetische Raketen und Kampfjets, Darth Vader erscheint neben einem Triceratops, Luke Skywalker im unförmigen Kosmonauten-Anzug, während die Rebellenführer westliche Anzüge tragen.

Propaganda

Songs Comic fiel in die Zeit nach Maos Kulturrevolution (1966-1976), in der Science Fiction einen kurzen Boom erlebte. Während der Kulturrevolution waren die Künste darauf beschränkt, die Kommunistische Partei zu glorifizieren, während Intellektuelle zur Landarbeit gezwungen wurden, was den Wissenschaften schwer schadete. Song verbrachte damals die Zeit mit der Produktion von Propaganda-Diashows.

Als Star Wars 1977 weltweit in die Kinos kam, wurde es vom Parteiorgan „People’s Daily“ noch als Phantasterei geschmäht: Aus „Unzufriedenheit mit der Realität“ suchten die Amerikaner „Trost in einer illusorischen Märchenwelt“, hieß es. Doch schon ein Jahr später fand Peking, Science Fiction sei von entscheidender Bedeutung für die Erneuerung der Wissenschaften, und veröffentlichte eine Flut von fast tausend neuen Titeln.

Raubkopien

Als Songs Comic herauskam, verkaufte er sich munter, sagt der Zeichner heute: „Ich konnte einen Fernseher kaufen, eine Stereoanlage – es war unvorstellbar.“ Lange währte diese Phase aber nicht: Laut Chinas Science-Fiction-Pionier Ye Yonglie kann Science Fiction als „eines der Barometer des politischen Klimas“ gelten. Als die Künstler die Staatsführung kritisierten, wurde das Genre schnell wieder verboten.

Utopien über ein China ohne Kommunismus waren nicht willkommen. Erst 1985 erschienen die Star-Wars-Filme während eines US-Filmfestivals auf chinesischen Leinwänden. In den späten 80er Jahren strahlten es zudem örtliche Fernsehsender aus, während Raubkopien auf Video zirkulierten. Doch eine so große und treue Fangemeinde wie im Westen hatten Skywalker und Co. in China nie.

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Für die jüngste Episode „Das Erwachen der Macht“ wurden kräftig die Werbetrommeln gerührt – schließlich ist China inzwischen der zweitgrößte Filmmarkt der Welt. In den ersten elf Tagen spielte der Streifen dort nach Angaben der Website China Box Office fast 94 Millionen Euro ein. Auch Songs Comic hatte sich zuvor in den sozialen Netzwerken verbreitet. Doch Peking bleibt wachsam: 2011 kritisierte die Medienbehörde Fantasy- und Zeitreise-Geschichten als „bizarre Handlungen“.

Vor kurzem forderte Präsident Xi Jinping, Künstler sollten in ihren Werken „die Grundwerte des Sozialismus umsetzen“ und den „chinesischen Geist hochhalten“. Song hat sich damit arrangiert: „Solange man sich nicht gegen den Staat und die Kommunistische Partei stellt“, findet er, „kann man zeichnen, was man will“.