„Russland verspielt Ansehen“

„Russland verspielt Ansehen“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Russland ist durch sein Eingreifen auf der ukrainischen Halbinsel Krim nach Ansicht des luxemburgischen Außenministers Jean Asselborn dabei, sein internationales Ansehen für "lange Jahre" zu verspielen.

„Es ist mir unerklärlich, warum Russland riskiert, für die Krim jetzt seine gesamte politische Glaubwürdigkeit, seine wirtschaftlichen Interessen und die Prinzipen der Rechtsstaatlichkeit aufs Spiel zu setzen“, sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn am Samstag in einem Reuters-Interview. Das Land sei selbst im UN-Sicherheitsrat mit seiner Argumentation „völlig isoliert“, ergänzte der Luxemburger Chefdiplomat, der seit März den Vorsitz im höchsten Gremium der Vereinten Nationen hat. Noch am Samstag sollte im UN-Sicherheitsrat ein Votum über eine Resolution stattfinden, die ausdrücklich die territoriale Integrität der Ukraine bekräftigt. Allein Russland stimmte gegen die Resolution. China enthielt sich der Stimme und plädierte für eine internationale Kontaktgruppe zur Ukraine. Das Land warnte vor voreiligen Entscheidungen bezüglich der Krim und sprach sich auch für wirtschaftliche Hilfe zugunsten der Ukraine aus.

Asselborn warf Russlands Präsident Wladimir Putin gravierende strategische Fehler vor. So hätte Putin seinen Einfluss auf die russisch geprägte Krim, auf der auch die russische Schwarzmeer-Flotte stationiert ist, auch ohne das umstrittene und von Moskau forcierte Abspaltungs-Referendum am Sonntag ausbauen können. „Jetzt ist absehbar, dass die Ukraine für Russland ein ähnlicher Schwelbrand werden wird wie Moldawien und Georgien – nur in einer viel größeren Dimension“, sagte der Sozialdemokrat mit Hinweis auf frühere russische Interventionen im georgischen Südossetien und Abchasien sowie die russische Truppenpräsenz im moldawischen Transnistrien. Dieser östliche Landesteil mit einem höheren Bevölkerungsanteil an Russen hatte sich von Moldawien abgespalten.

„Russland ‚pervertiert‘ Demokratie“

Russland „pervertiere“ das Prinzip der Demokratie, wenn es ein Referendum unterstütze, das der Bevölkerung auf der Krim nur die Wahl zwischen Abspaltung und Anschluss an Russland lasse – und das zudem unter massivem Druck russischer und russischstämmiger Sicherheitskräfte stattfinde. Man müsse abwarten, wie Putin auf das Abstimmungsergebnis reagieren werde. „Denn ab Sonntagabend fallen die Entscheidungen in Moskau, ob die Krim angeschlossen werden soll.“ Der Westen hatte bereits betont, das als völkerrechtswidrig angesehene Referendum nicht anerkennen zu wollen. Den Europäern und Amerikanern riet Asselborn, die angekündigten Sanktionsschritte sehr sorgfältig abzuwägen. Ohne Zweifel würden die EU-Außenminister am Montag – wie angekündigt – Einreisesperren beschließen, wenn Moskau nicht einlenke. „Die Liste der betroffenen Personen sollte in einem ersten Schritt aber auf die Menschen begrenzt werden, die entscheidend mitgeholfen haben, die Krim von der Ukraine abzuspalten“, mahnte er.

Zudem müsse man Russland nach jeder weiteren Verschärfung der Sanktionen immer die Möglichkeit zum Einlenken geben. Gerade die wirtschaftlichen Kontakte sollten nicht verbaut werden, die in der EU nicht nur für Deutschland sehr wichtig seien. „Wahrscheinlich werden auch über Wirtschaftskontakte wieder die ersten Reparaturmaßnahmen an den nun belasteten Beziehungen laufen.“

Luxemburgs Außenminister wies die russische Haltung, vor allem mit den Amerikanern reden zu wollen, als überholtes Denken zurück. Er erinnerte daran, dass das Volumen der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und Russland nur ein Zehntel des russisch-europäischen Handels ausmache. „Ich glaube, dass für Russland vor allem die Beziehungen zu den EU-Staaten vital sind.“ Auch China sei kein Ersatz für Europa. „Russland braucht die Europäer als Abnehmer seines Gases und Öls“, sagte er mit Hinweis auf die sehr spezielle Wirtschaftsstruktur des rohstoffreichen Landes, das kaum andere Exportgüter habe.