„Reform-Programme greifen“

„Reform-Programme greifen“
(AFP)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Der luxemburgische Zentralbankchef Yves Mersch hat das neue Programm der EZB zum Ankauf von Staatsanleihen gegen Kritik aus Deutschland verteidigt.

Yves Mersch kam zum Maschinenbaugipfel nach Berlin in dem Bewusstsein, dass er kein einfaches Publikum vor sich haben würde. „Als ich die Einladung angenommen habe, war ich mir sehr wohl im Klaren darüber, dass die kritische Haltung der Bundesbank zu den Krisenmaßnahmen in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung Unsicherheit und Verwirrung hervorruft“, sagte das designierte Mitglied des EZB-Direktoriums laut Redemanuskript. Er betrachte es daher als seine Pflicht, sich dieser Kritik zu stellen.

„Nicht nur das angekündigte EZB-Programm zum Ankauf von Staatsanleihen habe einen positiven Beitrag geleistet. Auch erste Umsetzungserfolge der Anpassungsprogramme hätten das Vertrauen der Anleger wieder vergrößert,“ sagt Yves Mersch am Dienstag in Berlin.

Mersch erklärte die Entscheidung des EZB-Rats für das neue Programm mit dem Namen Outright Monetary Transactions (OMT) damit, dass die Schuldenkrise im Sommer erneut zu eskalieren drohte: „Die Ankündigung der EZB, OMTs durchführen zu können, hat zu einer Beruhigung an den Finanzmärkten geführt und das Vertrauen der Anleger zurückgebracht“. Zentralbank-Präsident Mario Draghi hatte bei einer Rede im Juli angekündigt, den Euro mit allen Mitteln verteidigen zu wollen.

Positive Wirkung

Mersch konstatierte auch Reformfortschritte in den Problemstaaten hätten positiv auf die Märkte gewirkt. „Nicht nur die OMT, sondern auch die ersten Resultate aus den Programmländern, zeigen erste Ergebnisse“, sagte er. Sie zeigten, dass den Ländern langsam eine „Wende“ gelinge. „Das sind sehr ermutigende Resultate“, so Mersch. Insgesamt sah er eine Würdigung der europäischen Reformbemühungen durch die Märkte: „Auch die Finanzmärkte sind beeindruckt von dem Willen, Europa zusammenzuhalten und weiterzutreiben“.

Mersch sagte vor den Industrievertretern, dass die OMT nicht das Mandat der EZB verletzten, wie es die Bundesbank sieht. „OMTs kommen nur in Frage für Länder, die noch Zugang zum Markt haben, und wenn strikte und effektive Bedingungen eines Programms der europäischen Rettungsschirme auferlegt und permanent befolgt werden.“ Außerdem kaufe die EZB nicht direkt bei den Staaten, sondern nur am Sekundärmarkt. „Der Primärmarkt ist tabu“, versicherte der Währungshüter.

Alles im Blick

Die EZB hat nach den Worten ihres Ratsmitglieds auch Vorkehrungen gegen eine höhere Inflation durch die geplanten Bond-Ankäufe getroffen. Erstens werde die Liquidität neutralisiert und zweitens setze die Intervention am kürzeren Ende der Zinskurve an. Konkret sollen nur Anleihen mit einer Restlaufzeit bis maximal drei Jahren auf die Bilanz genommen werden. Drittens kündigte Mersch an, dass die EZB das Risikomanagement nicht aus den Augen verlieren will.

Am Montagabend hat der Wirtschafts- und Finanzausschuss des EU-Parlaments den Einzug des Luxemburgers in das Direktorium der EZB abgelehnt. Die Abgeordneten störten sich nicht an der Qualifikation des Bewerbers, sondern daran, dass er keine Frau ist. Der Ausschuss will mehr Frauen in den Top-Positionen der Notenbank. Allerdings kann das Gremium die Ernennung Merschs nicht blockieren, denn sein Votum hat nur empfehlenden Charakter.

Ein Kompromiss

Am Donnerstag soll dann das gesamte Parlament über Merschs Bewerbung beraten. Derzeit zeichnet sich in Brüssel ein Kompromiss ab. Mersch wird durchgewunken, wenn die EU gleichzeitig klare Regeln für mehr Frauen in Spitzenposten verabschiedet. Das hat EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am Vormittag versprochen.