Portugiesisch in der Schule – das neue System

Portugiesisch in der Schule – das neue System
(Tageblatt)

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In Luxemburg soll künftig das Portugiesisch-Angebot in den Schulen ergänzt werden. Wie das System bislang funktioniert und was sich jetzt ändert, lesen Sie hier.

Angélique Quintus hat die neue Absichtserklärung zwischen Luxemburg und Portugal zur portugiesischen Sprache mit ausgearbeitet.

Zur Person
Angélique Quintus ist Lehrerin und „Chargée de mission“ beim „Service de la scolarisation des enfants étrangers“ (Secam) des luxemburgischen Bildungsministeriums. Sie war an der Ausarbeitung des „Memorandum of Understanding“ (MoU) zur portugiesischen Sprache beteiligt.

Im Tageblatt-Interview erklärt die Expertin das neue System: Man wolle die Klassen nicht mehr spalten. Neben den freiwilligen „Cours intégrés“ gebe es deswegen jetzt auch freiwillige „Cours complémentaires“ außerhalb der Schulzeit.

Tageblatt: Xavier Bettel und Antonio Costa haben ein Memorandum of Understanding (MoU) zur portugiesischen Sprache unterzeichnet.Worum geht es?

Angélique Quintus: Das Memorandum hält Prinzipien fest, auf die sich Luxemburg und Portugal geeinigt haben. Die Zusammenarbeit wird entlang dieser Prinzipien organisiert.

In diesem Fall geht es um die Umsetzung des Angebots der portugiesischen Sprache im Rahmen des luxemburgischen Schulsystems. Das Ganze findet in enger Kooperation mit Portugal statt.

Welcher rechtliche Rahmen gilt für die Absichtserklärung?

Der Rahmen ist das sogenannte „Accord culturel“ zwischen Luxemburg und Portugal. Die Autonomie der Gemeinden im Bereich der Schulorganisation ist beim Ausarbeiten des Memorandums berücksichtigt worden. Das Schulrecht ist zu respektieren und in dieser Frage eindeutig.

An wen richtet sich das MoU?

Es ist nicht spezifisch auf einen Jahrgang gemünzt, sondern gilt für das ganze „Enseignement fondamental“.

Wie sieht das aktuelle System aus?

Im „Enseignement fondamental“ existiert für den „Cycle 1“ (Kinder von 3 bis 5 Jahren) ein Projekt. Was funktioniert, wird deswegen künftig beibehalten. Für die „Cycles 2-4“ (Kinder von 6 bis 12 Jahren) wurden bereits „Cours intégrés“ angeboten und können immer noch angeboten werden. Sie finden während der Schulzeit statt.

Es muss lediglich zwischen der jeweiligen Gemeindebehörde, den Schulen, den Botschaften und dem Ministerium eine Absprache stattfinden. Wenn diese Akteure sagen, dass das bestehende Angebot beibehalten werden soll, ist dies möglich.

Worum handelt es sich bei den „Cours intégrés“?

Die „Cours intégrés“ gibt es seit 1983 in Luxemburg. Sie finden während der Schulzeit statt. Es gilt beim Stundenplan als auch beim Programm Parallelismus.

Die Zielsetzung der „Cours intégrés“ ist ein besseres Verständnis von Fächern wie „Eveil aux sciences“, Geografie oder Geschichte. Diese Fächer werden während der „Cours intégrés“ in portugiesischer Sprache unterrichtet.

Es sind gleich mehrere Ziele mit diesen Kursen verbunden: der Kontakt mit der Kultur und der portugiesischen Sprache sowie die Entwicklung der Sprache. Die Schüler lernen die Sprache nicht wie bei einem gewöhnlichen Kursus, der nur die Sprache fokussiert, sondern anhand eines spezifischen Fachs.

Nun gibt es neben den „Cours intégrés“ auch ein neues Angebot. Worum handelt es sich?

Es gibt zusätzlich ein Angebot außerhalb der Schulzeit. Das wurde bei der gemeinsamen Pressekonferenz von Premierminister Xavier Bettel und seinem portugiesischen Amtskollegen Antonio Costa als „Cours complémentaires“ bezeichnet. Wenn eine Schule im Zusammenspiel mit der Gemeinde solch einen Kursus anbieten will, ist dies auch eine Möglichkeit.

Bislang gab es die „Cours intégrés“, die nun um die „Cours complémentaires“ ergänzt werden. Sie sind ein Mehrwert, da sie an den luxemburgischen Lehrplan gekoppelt sind. Es ist kein Kurs, der losgelöst vom luxemburgischen Bildungssystem stattfindet.

In Esch/Alzette gab es eine Riesenpolemik rund um die „Cours intégrés“. Ermöglicht das neue System mit den zusätzlichen „Cours complémentaires“, solche Streitereien zu vermeiden?

Die „Cours intégrés“ spielen sich in der Realität meistens wie folgt ab: Die Kinder, die Portugiesisch lernen, verlassen ihre Klasse und nehmen in einem anderen Klassenzimmer am Unterricht teil.

Demnach werden Kurse wie „Eveil aux sciences“, Geografie und Geschichte nicht mit allen Klassenkameraden im gleichen Raum und in der gleichen Sprache erlebt. Es findet eine Aufteilung der Klasse statt. Die neue Lösung zielt eindeutig darauf ab, die Schüler nicht während des Unterrichts zu trennen.

Costa hat betont, dass 26 Portugiesisch-Lehrer das Gesamtangebot abdecken. Wie erfolgt die Organisation?

Da es die „Cours intégrés“ seit etwas mehr als 30 Jahren in Luxemburg gibt, handelt es sich bei den Portugiesisch-Lehrern um Menschen, die bereits hier leben.

Es wird kein zusätzliches Personal eingestellt. Sie werden vom Institut Camoes, eine portugiesische Kulturinstitution zur Förderung der portugiesischen Sprache, eingestellt und bezahlt. Bei dem Personal bleibt also alles beim Alten.

Welchen Ratschlag geben Sie bei der Umsetzung des neuen Gesamtangebots?

Die Interessen und Bedürfnisse der Kinder müssen respektiert werden. Sie sollen bei der gesamten Diskussion im Fokus stehen. Ich bin neben meiner Tätigkeit im Ministerium auch Lehrerin. Man kann die Sprachkompetenzen der Kinder wertschätzen und fördern. Das haben beide Politiker betont und das kann ich aufgrund meiner Berufserfahrung nur unterstützen.

Es handelt sich um seinen sehr wichtigen Punkt. Man gibt den Kindern die Möglichkeit, ihre Kompetenzen zu erweitern. Allerdings darf das Portugiesische das Luxemburgische nicht als Sprache verdrängen – und umgekehrt. Besonders im Zyklus 1 spielt die luxemburgische Sprache weiterhin eine bedeutende Rolle.

Die Sprachendebatte war zuletzt angeheizt in Luxemburg. Bleibt Luxemburgisch trotz dieser Komplementarität die Integrationssprache?

Ja, das Luxemburgische spielt weiterhin seine Rolle. Es ist die gemeinsame Sprache in Luxemburg. In diesem Kontext ist das Beherrschen seiner Muttersprache dennoch dabei behilflich, Fremdsprachen besser zu lernen.

Das wurde bei dem gemeinsamen Auftritt von Premier Bettel und seinem portugiesischen Amtskollegen zu Recht hervorgehoben.