Obamas heimliche Tötungs-Praxis

Obamas heimliche Tötungs-Praxis
(AFP)

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Barack Obama geht nach der Kritik am Drohnenkrieg der USA in die Offensive. Er gewährt dem Kongress Einblick in die geheimen Unterlagen, die den Abschuss von Terrorverdächtigen regeln.

Eine kleine Gruppe von Senatoren und Repräsentanten des US-Kongresses soll Einblick in geheime Unterlagen zum umstrittenen Drohnenkrieg der Vereinigten Staaten erhalten. Das Dokument enthalte die rechtliche Argumentationslinie der Regierung für die gezielte Tötung von US-Bürgern im Ausland ohne vorher rechtliche Schritte einzuleiten, berichtete der amerikanische Sender NBC News. Dem Sender lag das 16-seitige Geheimpapier nach eigenen Angaben vor.

Das Fazit in dem Dokument lautet demnach, dass die amerikanische Regierung die Tötung von US-Bürgern anordnen könne, wenn sie verdächtigt werden, ranghohe Mitglieder von Al Kaida oder einer verbündeten Gruppe zu sein – auch wenn es keine Hinweise darauf gibt, dass sie aktiv eine Attacke auf die USA planen.

Brennan der Architekt

Stattdessen reiche es aus, wenn die Person „in jüngerer Zeit“ in „Aktivitäten“ verwickelt war, die eine Gefahr darstellten, und es keinen Hinweis darauf gebe, dass sie die Pläne aufgegeben habe. Was „in jüngerer Zeit“ oder „Aktivitäten“ genau bedeute, werde nicht definiert.

Obamas überraschendes Zugeständnis vom Mittwochabend (Ortszeit), das Dokument an die Abgeordneten zu übergeben, kam einen Tag vor der Anhörung von Obamas Wunschkandidaten für den Posten des CIA-Direktors, John Brennan, im Senat. Brennan gilt als einer der Architekten des Drohnenkrieges.

Eine Zusammenfassung

Kongress-Mitglieder und Menschenrechtsorganisationen hatten bereits in der Vergangenheit Einsicht in das Dokument gefordert. Anlass war unter anderem die Tötung des in den USA geborenen islamistischen Extremisten Anwar al-Awlaki im Jemen im Herbst 2011 gewesen. Die Obama-Regierung war dieser Forderung zunächst nicht nachgekommen und präsentierte dagegen Zusammenfassungen ihrer Rechtfertigung.

Von dieser Linie weicht die Regierung nun ab. Allerdings sollen nur Kongress-Mitglieder, die im Geheimdienstausschuss des Senats und des Repräsentantenhauses sitzen, die Dokumente sehen dürfen. Kopien des Papiers werden sie aber nicht erhalten.

Drohnen-Basis bei den Saudis

Die demokratische Senatorin und Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat, Dianne Feinstein, begrüßte die Entscheidung des Weißen Hauses. Damit das Komitee seine Kontrollfunktion erfüllen könne, sei es wichtig, die rechtliche Grundlage für solche Operationen ganz zu verstehen.

Erst am Dienstag war herausgekommen, dass der amerikanische Geheimdienst CIA Drohnenangriffe auf mutmaßliche Al Kaida Mitglieder im Jemen von einer Basis in Saudi-Arabien aus steuert. Den Ort der geheimen Basis hatte die US-Zeitung „New York Times“ veröffentlicht. Der erste Angriff von dort sei im September 2011 erfolgt, hieß es in dem Bericht. Dabei sei al-Awlaki getötet worden.

Problem mit dem Völkerrecht

Drohnenangriffe sind höchst umstritten. Kritiker werfen den USA vor, bei solchen Attacken würden immer wieder Zivilisten getötet. Recherchen des in London ansässigen Büros für investigativen Journalismus zufolge gab es zwischen 2004 und 2013 alleine in Pakistan 363 CIA-Drohnenangriffe. Dabei sollen zwischen 475 und 893 Zivilisten getötet worden sein.

Experten kritisieren zudem, dass die völkerrechtliche Basis für Drohnenattacken möglicherweise nicht geklärt ist. Die Vereinten Nationen haben eine Untersuchung über den Einsatz von Kampfdrohnen und gezielte Tötungen eingeleitet. Berichterstatter Ben Emmerson will seine Ergebnisse im Herbst vorlegen.