Moskau hackt geheime Snowden-Daten

Moskau hackt geheime Snowden-Daten
(dpa-Archiv/Glenn Greenwald and Laura Poitra)

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Haben Russland und China die vom US-Informanten Snowden entwendeten Geheimdienst-Datensätze gehackt? Das behaupten anonym zitierte Regierungsmitarber in Großbritannien. Schon gibt es erste Zweifel.

Russland und China haben Medienberichten zufolge geheime Dokumente des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden entschlüsselt. Wie die britische Zeitung „Sunday Times“ am Sonntag unter Berufung auf Vertreter von Regierung und Geheimdienst berichtete, knackte Moskau mehr als eine Million Dokumente. Der britische Geheimdienst habe sich daher gezwungen gesehen, einige Agenten abzuziehen – aus Sorge, dass sie enttarnt werden.

Der Snowden-Vertraute und Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald wies die Darstellung zurück. Der Bericht in der „Sunday Times“ sei gespickt mit vielen nachweislich falschen Fakten und ein Beispiel für schlimmsten Journalismus. Wer Behauptungen glaube, die anonym im eigenen Interesse von Regierungen vorgetragen würden, sei dumm, schrieb Greenwald im Kurzmitteilungsdienst Twitter. In einem Beitrag für „The Intercept“ schreibt Greenwald, für keine Behauptung der anonymen Quellen gebe es auch nur einen Beleg. Aufrührerische Beschuldigungen würden gegen jeden Whistleblower vorgebracht.

„Entscheidende Informationen“

Laut der „Sunday Times“ hat auch China Informationen zu Dokumenten, in denen es um die Arbeitsweise der Geheimdienste in Großbritannien und den USA geht (Link). „Es ist der Fall, dass Russen und Chinesen Informationen haben“, sagte ein Regierungsvertreter der Zeitung. Sie hätten nun das „Wissen, wie wir arbeiten“. Weil in der Folge Agenten hätten abgezogen werden müssen, fehlten dem Geheimdienst nun „entscheidende Informationen“.

Auch der britische Rundfunksender BBC berichtete auf seiner Internetseite unter Berufung auf einen Regierungsvertreter, Russland und China hätten Zugang zu den Dokumenten, so dass Agenten abgezogen worden seien. Es gebe aber „keine Beweise“, dass ein Agent zu Schaden gekommen ist. Das Amt des Premierministers und das Außenministerium wollten sich am Sonntag auf Nachfrage der Nachrichtenagentur AFP nicht zu den Berichten äußern.

Massive Überwachung

Nähere Angaben, wie oder wann Russland und China an die Dokumente Snowdens gelangt sein sollen, enthielten die Berichte nicht. Snowden hatte während seiner Zeit bei den US-Geheimdiensten CIA und NSA rund 1,7 Millionen Dokumente heruntergeladen. Seine Enthüllungen brachten seit dem Frühsommer 2013 das Ausmaß der Überwachung der Telefon- und Internetkommunikation durch die US-Geheimdienste und ihre britischen Partner ans Tageslicht.

Snowden, der von den USA wegen Spionage gesucht wird, lebt seit dem Sommer 2013 in Russland im Exil. Der 31-Jährige hatte seine Dokumente verschiedenen Medien zur Auswertung zur Verfügung gestellt, aber versichert, dass „kein Geheimdienst“ sie erhalten werde. Er betonte zudem, dass die Verschlüsselung der Dokumente auch nicht von Geheimdiensten geknackt werden könne.

„Zugang zu Snowdens Material“

An den Enthüllungen ist er seit längerem nicht mehr selbst beteiligt. Ein Vertreter des Innenministeriums sagte nun der „Sunday Times“, Russlands Präsident Wladimir Putin habe Snowden nicht umsonst Asyl gewährt. Ein britischer Geheimdienstvertreter sagte der „Sunday Times“: „Wir wissen, dass Russland und China Zugang zu Snowdens Material haben.“ Sie würden die Dokumente nun jahrelang durcharbeiten und dabei nach „Hinweisen suchen, um mögliche Ziele zu identifizieren“. Beweise für die Angaben machte er nicht.

Die US-Regierung wie einige britische Politiker haben Snowden als Verräter bezeichnet, da er durch die Enthüllung des geheimen Überwachungsapparats die Arbeit der Geheimdienste und damit die nationale Sicherheit gefährdet habe. Bürgerrechtler sagen dagegen, dass ohne Snowden die zweifelhaften Methoden der Geheimdienste, die weltweit zu einer Debatte über das richtige Verhältnis von Freiheit und Sicherheit geführt haben, niemals ans Licht gekommen wären.

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