Mehr als 100 Tote im Gazastreifen

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Mehr als 800 Tonnen Raketen und Bomben feuern israelische Kampfjets binnen drei Tagen auf 1100 Ziele im Gazastreifen ab. Die Palästinenser weiten ihre Attacken aus. Ein Ende der Gewalt ist nicht in Sicht. Die UN sorgen sich um zivile Opfer.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hält trotz steigender Opferzahlen und internationaler Kritik an den massiven Luftangriffen auf den Gazastreifen fest. Der Einsatz werde fortgesetzt, bis von dort keine Raketen mehr auf Israel abgeschossen würden und wieder Ruhe herrsche, sagte der Regierungschef am Freitag in Tel Aviv.

Vier Tage nach Beginn der Offensive wurden bei Luftschlägen israelischer Kampfflugzeuge nach palästinensischen Angaben bislang mindestens 103 Menschen getötet und knapp 700 weitere verletzt. Im Gegenzug weiteten militante Palästinensergruppen ihre Raketenangriffe auf Israel aus. Ins Visier nahmen sie dabei erstmals den internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv. Die USA boten Vermittlung an.

Abrieglung lockern

Israels Luftwaffe greift seit Dienstag Ziele im Gazastreifen an, um den Raketenbeschuss durch militante Palästinenser zu unterbinden. Auslöser der schwersten Krise seit 2012 waren der gewaltsame Tod dreier jüdischer Jugendlicher und der mutmaßliche Rachemord an einem palästinensischen Jungen. Darüber hinaus will die Hamas Israel und Ägypten zwingen, die Abriegelung des Gebietes zu lockern.

Netanjahu erwägt auch einen zeitlich befristeten Einmarsch von Bodentruppen, um die Angriffe aus dem Gazastreifen zu unterbinden. An der Grenze wurden bereits massive Truppenverbände zusammengezogen. „Wir schließen keine Option aus“, sagte Netanjahu.

Rechte respektieren

UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay rief Israel wie auch Palästinenser auf, die Rechte der Zivilbevölkerung zu respektieren. Sie kritisierte sowohl das israelische Vorgehen als auch die Raketenangriffe. Berichte über die Bombardierung von Wohnhäusern im Gazastreifen gäben Anlass zur Sorge, dass Israel die Menschenrechte verletze, sagte Pillay in Genf.

US-Präsident Barack Obama bot Netanjahu Vermittlung an. Zugleich signalisierte er Israel Rückendeckung im Fall einer Bodenoffensive in dem von der radikalislamischen Hamas beherrschten Gazastreifen.

800 Tonnen Bomben und Raketen

Nach israelischen Angaben beschoss die Luftwaffe allein an den ersten drei Tagen der Offensive 1100 Ziele im Gazastreifen. Mehr als 800 Tonnen Raketen und Bomben schlugen nach Armeeangaben in dem kleinen Gebiet am Mittelmeer ein. Militante Palästinenser hätten 550 Raketen auf Israel abgefeuert, sagte Armeesprecher Peter Lerner. Die Raketenabwehr habe etwa 120 weitere Geschosse abgefangen.

Das israelische Sicherheitskabinett hatte am Donnerstagabend beschlossen, die Luftangriffe auf den Gazastreifen auszuweiten. Außerdem wurden drei Infanteriebrigaden für eine mögliche Bodenoffensive an die Grenze verlegt. Ein oder zwei weitere Brigaden sollten in den kommenden Tagen zur Verstärkung anrücken, sagte Lerner. Insgesamt wurden 33 000 israelische Reservisten mobilisiert.

Flughafen im Visier

Im Gegenzug beschossen militante Palästinenser erstmals den internationalen Flughafen Ben Gurion. Drei Raketen seien über dem Großraum von Tel Aviv abgefangen worden, teilte die Armee mit. Die israelische Nachrichtenseite „ynet“ berichtete, der Flugverkehr sei während des Raketenalarms gestoppt worden.

Die Menschenrechtsorganisation „Betselem“ kritisierte die gezielte Bombardierung der Wohnhäuser militanter Palästinenser als „schweren Bruch des Völkerrechts“. Um zivile Opfer zu vermeiden, kündigt die israelische Armee ihre Angriffe gewöhnlich telefonisch an, um den Bewohnern Zeit zu geben, sich in Sicherheit zu bringen.

Engpässe

Nach Angaben der UN-Hilfsorganisation für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) wurden schätzungsweise 300.000 der 1,8 Millionen Bewohner des Gazastreifens zum Verlassen ihrer Häuser aufgefordert. Diese Taktik habe die Armee bereits im Gaza-Krieg 2012 angewandt, schrieb UNRWA-Sprecher Chris Gunness im Kurzmitteilungsdienst Twitter. Jedoch kämen viele Zivilisten dieser Aufforderung diesmal nicht nach. Die Organisation warnte vor Engpässen bei der medizinischen Versorgung.

Derweil bemüht sich Ägypten um eine Waffenruhe. Das Außenministerium in Kairo sprach von «intensiven Gesprächen“. Kairo warf Israel eine „unverantwortliche Eskalation» vor, kritisierte indirekt aber auch die Hamas. Bisherige Vermittlungsbemühungen seien aufgrund von „Sturheit“ gescheitert.

Erstmals seit Beginn des Schlagabtausches wurden auch aus dem Libanon Raketen auf Israel abgefeuert. Ein Geschoss sei in der Nähe der Grenzstadt Metullah gefunden worden, sagte Israels Armeesprecher Lerner. Israelische Artillerie habe in den Libanon zurückgeschossen. Aus libanesischen Sicherheitskreisen verlautete, ein Verdächtiger sei festgenommen worden.