Maher al-Assad, der Drahtzieher des Terrors

Maher al-Assad, der Drahtzieher des Terrors
(Reuters)

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Viele fürchten Maher al-Assad noch mehr als seinen älteren Bruder Baschar. Maher hält sich vom Rampenlicht fern, gilt aber als besonders brutal.

Er ist geheimnisumwoben, taucht selten in den syrischen Medien auf, weder in Wort noch Bild. Aber hinter diesem Mantel der Unsichtbarkeit spielt Baschar al-Assads jüngerer Bruder Maher eine Schlüsselrolle in Syrien: Er ist unverzichtbar für das Überleben des Regimes.

Maher al-Assad ist Befehlshaber der Elitetruppen, die Damaskus vor den in den Vororten der Hauptstadt sitzenden Rebellen schützen. Er gilt als einer der Drahtzieher des gewaltsamen Vorgehens gegen Oppositionelle zur Niederschlagung des Aufstandes, der nunmehr schon zweieinhalb Jahre das Land erschüttert. Und: Er steht bei den Regimegegnern in dem Ruf, besonders brutal und gnadenlos zu sein.

Ein Mann des Militärs

Der 45-jährige Maher ist der jüngste von drei Assad-Brüdern. Der älteste, Basil, war eigentlich der Kronprinz der Familie, von seinem Vater Hafis dazu erzogen, ihm eines Tages als Präsident zu folgen. Dann starb Basil 1994 bei einem Autounfall, und das katapultierte Baschar, damals ein Augenarzt in London ohne jede militärische oder politische Erfahrung, nach dem Tod des Vaters in die Rolle des „Thronerben“.

Basil und Baschar sind häufig zusammen auf Plakaten abgebildet. Maher dagegen ist hartnäckig dem Rampenlicht ferngeblieben. Freunde, Kollegen und auch seine Feinde beschreiben ihn als einen Mann des Militärs, durch und durch.

Al-Assad Elitetruppen sind Alawiten

Die 14.000 Soldaten der 4. Panzerdivision, die er führt, gehören wie die Assad-Familie zumeist der Minderheit der Alawiten an, die den Bürgerkrieg als einen Kampf um ihr Überleben betrachtet. Es sind die am besten bezahlten, ausgerüsteten und ausgebildeten Einheiten des syrischen Militärs.

Im vergangenen Jahr haben Mahers Truppen wiederholt Offensiven gegen die Rebellen in den Vororten von Damaskus durchgeführt. Der jüngere Bruder des 48-jährigen Präsidenten soll auch bereits zuvor, in den Anfängen des Bürgerkrieges, blutige Operationen gegen friedliche Demonstranten geleitet haben.

Damaskus muss beschützt werden

„Er ist als gnadenloser Schlächter bekannt“, schildert Mohammed al-Tajeb, ein oppositioneller Aktivist in dem von Rebellen kontrollierten Ort Duma nordöstlich von Damaskus.

Fawaz A. Gerges, Direktor des Nahost-Zentrums der London School of Economics, sagt: „Von Anfang an war Maher überzeugt davon, dass der Aufstand niedergeschlagen werden muss, bevor etwaige Gespräche stattfinden.“ Das Überleben des Regimes hänge von Mahers Fähigkeit ab, die Rebellen daran zu hindern, Damaskus zu infiltrieren. „Wenn Damaskus fällt, ist das Regime verloren.“

Steckt Maher hinter der Giftgas-Attacke?

Maher, ein Brigadegeneral, spielte auch eine wesentliche Rolle dabei, das nach Gewinnen der Rebellen angeschlagene Militär aufzumöbeln. So hat es im Laufe dieses Jahres mit einer Serie von starken Offensiven wieder die Oberhand gewonnen. „Das syrische Militär ist von einer rostigen Einrichtung mit passiven und müden Rekruten zu einer Kampfmaschine geworden“, sagt Gerges.

Oppositionellen Aktivisten zufolge wurden auch die beim mutmasslichen Chemiewaffen-Angriff am 21. August eingesetzten Raketen von einer Brigade der von Maher befehligten Division abgefeuert. Beweise dafür liegen aber nicht vor.

Zornig und temperamentvoll

Auf jeden Fall ist Mahers Bedeutung im Laufe der Zeit nur noch grösser geworden. Sein Schwager Assef Schaukat, der stellvertretender Verteidigungsminister und eine Schlüsselfigur im Geheimdienstapparat war, kam zusammen mit dem Verteidigungsminister 2012 durch Bomben ums Leben. Schaukats Frau Buschra, die ältere Schwester der Assad-Brüder und eine wichtige Beraterin Baschars, hat allem Anschein nach das Land verlassen. Eine Reihe von Vettern des Präsidenten befinden sich auf bedeutenden Sicherheitsposten, aber Maher hat mit Abstand die herausragendste Rolle.

Es gibt zahlreiche Berichte über seine Gewissenlosigkeit und sein zorniges Temperament, aber nur wenige davon sind bestätigt. So sagen etwa Oppositionelle, dass Maher der Drahtzieher der blutigen Niederschlagung eines Aufstandes grösstenteils islamistischer Häftlinge in einem Gefängnis nahe Damaskus im Jahr 2008 gewesen sei. Dabei kamen mindestens 17 Gefangene ums Leben. Ein Online-Video zeigt einen Mann, Aktivisten zufolge Maher, der mit seinem Mobiltelefon Fotos von den verstümmelten Leichen macht. Tatsächlich ähnelt der Mann Maher, aber dass er es tatsächlich war, ist nicht bestätigt.

Loyalität mit Geschenken erzwungen

Hischam Dschaber, ein pensionierter libanesischer General mit besonderen Syrien-Kenntnissen, beschreibt Maher als einen Mann, der wegen seiner Fähigkeiten und seines Mutes von seinen Truppen respektiert, aber wegen seiner Rigorosität zugleich gefürchtet werde. Gegner sagen, dass er sich die Loyalität der Menschen in seinem Zirkel sichere, indem er sie mit Geschenken schmiere, von Geld über Autos bis hin zu Häusern.

Wie sein Bruder Baschar ist Maher mit einer Angehörigen der sunnitischen Mehrheit in Syrien verheiratet. Zusammen mit seinen zwei Töchtern und einem Sohn im Babyalter lebt das Paar in einer Villa nahe dem Präsidentenpalast in Damaskus.