Passen Klima und Wirtschaft zusammen?

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(Arischard)

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Bei einer Konferenz Montagabend in der Abtei Neumünster wurde über den Klimagipfel in Paris und über die möglichen Konsequenzen für die Industrie gesprochen.

In Paris startete gestern die Klimakonferenz COP21. Während in Frankreich führende Politiker der ganzen Welt über die Veränderung des Klimas diskutieren, mit dem erklärten Ziel, die Klimaveränderung zu stoppen, wurde auch in Luxemburg gestern diskutiert.

Die französische Botschaft in Luxemburg, das Tageblatt und Le Jeudi hatten in die Abtei Neumünster eingeladen zu einer Konferenz über die COP21.
Hauptredner des Abends war Thierry Garcin, Produzent der Sendung „Enjeux internationaux“ auf France Culture. Am anschließenden Rundtischgespräch nahmen neben Garcin Vertreter aus ganz unterschiedlichen Branchen der Industrie teil.

In ihrer Begrüßungsansprache erinnerte Danièle Fonck, Generaldirektorin des Verlages Editpress, an die Worte des französischen Präsidenten François Hollande: „Les bons sentiments ne suffiront pas“, hatte dieser beim Gipfel in Paris gestern gewarnt. Ob denn Business und Klima schlecht zusammenpassen? „Vielleicht“, meint Danièle Fonck. Allerdings dürfte Geld nicht über dem Wohlergehen der Menschen stehen.

Klimapolitik ist Geopolitik

Hauptredner Garcin betrachtete in seinen Ausführungen den Klimawandel aus geopolitischer Perspektive. Immerhin sind die wichtigsten Akteure in Sachen Klima Staaten. Staaten, die eine Klimapolitik verordnen. Staaten, deren Wachstum eventuell auf dem Spiel steht. „Nachhaltige Entwicklung. Das ist ein Begriff der reichen Länder“, so Garcin.
Die Konsequenzen der geostrategischen Überlegungen werden deutlich, als Garcin über die Klimakonferenz von 1997 in Kioto spricht. Die USA und China waren dem damals entstandenen Kioto-Protokoll nicht beigetreten.

China, erklärte Garcin, brauche die fossilen Brennstoffe, um sein Wachstum zu erhalten und dadurch den sozialen Frieden im Land. Erneuerbare Energien, so Garcin in seinen Ausführungen, haben nicht nur Vorteile. So seien sie zum Beispiel sehr stark staatlich subventioniert. Erneuerbare Energien seien auch saisonabhängig und schwer zu speichern.
Außerdem besteht bei erneuerbaren Energien das Problem des Transports. Strom aus einer Windkraftanlage kann nicht – anders als Öl in einer Pipeline – beliebig weit transportiert werden.

„Die fossilen Brennstoffe werden uns in den kommenden Jahrzehnten erhalten bleiben“, prophezeit Thierry Garcin.
Den Ausgang der COP21 betrachtet er wieder durch die geostrategische Brille. Europa sei nach Fukushima gespalten, was die Kernkraft angeht. Deutschland hat seine AKWs vom Netz genommen und setzt wieder verstärkt auf Kohlekraftwerke, die natürlich CO2 ausstoßen. Währenddessen setzen andere Länder wie Frankreich traditionell auf Atomkraft. Die in weiten Teilen der Bevölkerung umstrittene und in der Politik stark diskutierte Energiequelle stößt bei der Stromgewinnung keine „Klimagase“ aus.

Viele unterschiedliche Meinungen gab es gestern beim Rundtischgespräch mit den Vertretern der Geschäftswelt.
Valérie Massin, Vizepräsidentin bei ArcelorMittal Luxembourg, sieht dem Ausgang der COP21 mit Spannung entgegen. Vor allem interessieren den weltgrößten Stahlkonzern mit Sitz in Luxemburg natürlich mögliche Änderungen beim Emissionshandel. Vor allem sei es wichtig, dass ein etwaiges Abkommen weltweit gültig ist, damit nicht ein unfairer Wettbewerb zwischen den Unternehmen besteht, die die Regeln befolgen müssen, und denen, die die Regeln nicht einhalten müssen.

Arbeitsplätze und Elektroautos

Die Frage, ob eventuell Jobs in Gefahr seien, wenn etwaige verschärfte Regeln nur in Europa gelten, bejahte die Managerin.

Eric Feunteun, Direktor des Elektroauto-Programms bei Renault, sieht sein Unternehmen beim Klimaschutz vorne. Zumindest könne er garantieren, dass die Elektroautos bei Renault keine CO2-Emissionen verursachen.
Allerdings fallen bei der Produktion der Autos noch Emissionen an und auch bei der Produktion des Stroms, mit dem das Auto fährt. In Ländern mit einem hohen Atomanteil im Energiemix – wie Frankreich – betragen laut Feunteun die Emissionen für den Betrieb des Autos ein Zehntel von dem eines herkömmlichen Autos. In Deutschland würden die Emissionen immerhin noch um 30 Prozent gesenkt.

Interessant auch die Technik des „smart charging“ (dt. „kluges Aufladen“). Schließt man sein Auto zum Beispiel über Nacht an ein spezielles Ladegerät an, dann lädt es nur dann, wenn gerade sonst nicht viel Strom aus dem Netz entnommen wird und wenn – wie im Falle Frankreichs – wenig Strom aus fossilen Brennstoffen im Netz ist.
Frank Becherel, Generaldirektor das Bauunternehmens Tralux, gab interessante Einsichten in seine Branche. Man dürfe nicht vergessen, dass die meiste Energie bei einem Haus während des Bauens verbraucht werde. Geschickte Planung ist hier die Devise. Etwa, indem die Fahrten von Lkws so geplant werden, dass sie eine Baustelle nie ohne Ladung verlassen.

Man müsse das Problem allerdings bereits städteplanerisch angehen. Täglich wollten rund 8.000 Menschen vom hauptstädtischen Bahnhof zum Kirchberg. Das entspricht 290 Bussen. Hier sei die Tram die CO2-freundlichere Lösung.
Auch Marie-Hélène Massard, Generaldirektorin von Axa Luxembourg, hofft, dass die Klimakonferenz in Paris zu einem Resultat führt. „Die Verwaltung von Risiko ist unser Beruf. Auch das Verwalten von Klimarisiko“, so die Managerin des Versicherungskonzerns.