Nach Putins Nuklear-DrohungApotheker und Regierung warnen vor der Einnahme von Jodtabletten 

Nach Putins Nuklear-Drohung / Apotheker und Regierung warnen vor der Einnahme von Jodtabletten 
„Es ist sinnlos, die Jodtabletten präventiv einzunehmen“, sagt Apothekerin Danielle Becker Foto: Editpress/Julien Garroy

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Seit Wladimir Putins Drohung mit seinen Atomwaffen decken sich immer mehr Menschen mit Jodtabletten ein. Auch in Luxemburg. Apotheker und Regierung warnen vor Gesundheitsschäden.

Wer in Luxemburg aufwächst, bekommt es früh eingetrichtert: Wenn Cattenom hochfliegt, muss man Jodtabletten schlucken. Seit der russische Präsident Wladimir Putin am Sonntag angedeutet hat, zu seinen Nuklearwaffen zu greifen, sollte sich jemand in seinem Krieg in der Ukraine gegen ihn stellen, geht die Angst auch in Europa um. Einige Menschen verleitet das offenbar dazu, präventiv Jodtabletten zu nehmen – ein Schritt, vor dem Luxemburgs Apothekerverband auf Tageblatt-Nachfrage hin ausdrücklich warnt.

Danielle Becker, Vizepräsidentin des „Syndicat des pharmaciens luxembourgeois“ (SPL) und Apothekerin in Bettemburg rät denn auch eindringlich von Hamsterkäufen ab. „Es ist sinnlos, die Jodtabletten präventiv einzunehmen, da diese nur während weniger Stunden nach der Einnahme wirksam sind“, erklärt die Apothekerin. Hinzu kommt, dass eine Einnahme außerhalb eines Katastrophenszenarios schlimme Nebenwirkungen mit sich bringt. Die Dosierungen, die bei einem nuklearen Unfall angeraten werden, könnten zu einer „kompletten Deregulierung der Schilddrüse und des Stoffwechsels führen“, sagt Danielle Becker. „Die soll man nur einnehmen, wenn die Regierung explizit dazu aufruft“, warnt die Apothekerin weiter.

Nachfrage sprunghaft gestiegen

Dass die Nachfrage seit Putins Drohung sprunghaft gestiegen ist, hat auch Danielle Becker in ihrer Apotheke feststellen müssen. „Wir hatten Kunden, die in der Apotheke nachgefragt haben, andere haben uns angerufen.“ Um sich ein genaueres Bild der aktuellen Nachfrage zu verschaffen, hat die Apothekerin am Dienstagmorgen die Lagerbestände von Jodtabletten bei ihren Großhändlern überprüft – welche alle ausverkauft waren. Für die Apothekerin ein deutliches Zeichen für eine gestiegene Nachfrage. „Normal ist das nicht“, sagt Becker, die noch einmal unterstreicht, was gerade so wichtig ist: „Mit einer falschen Einnahme schützt man sich nicht, man schadet sich nur selber.“

Becker selber führt in ihrer Apotheke keine Jodtabletten in der Notfall-Dosierung von 130 Mikrogramm Kaliumjodid. Das letzte Mal hatte sie diese im Jahr 2014 auf Lager, als Luxemburgs Regierung allen Einwohnern die Möglichkeit gab, ihre Vorräte im Fall eines Unfalls in Cattenom aufzufrischen. Unter normalen Umständen führe sie Jodtabletten nur in einer Dosierung von 100 oder 200 Milligramm. „Die müsste man dann packungsweise schlucken“, sagt Becker. Die Rolle der Apotheker sei aber auch, „dem Patienten manchmal nicht das zu geben, was er unbedingt will“. Schwarze Schafe gebe es aber – wie in jeder anderen Branche – auch unter den Apothekern.

Als SPL-Vizepräsidentin rät Becker auf jeden Fall von einer Einnahme ab und will diese Dosierungen auch nicht in ihrer Apotheke verkaufen. „Erst die Pandemie, jetzt dieser Krieg, es ist normal, dass die Menschen Angst haben, deswegen sollen wir nicht damit spielen“, sagt Becker.

Update 2. März, 10.30 Uhr: Pressemitteilung der Regierung

Die Luxemburger Regierung hat am Mittwochmorgen in einer Pressemitteilung ebenfalls vor der Einnahme von Jodtabletten gewarnt. Die Gesundheitsdirektion will daran erinnern, dass die Einnahme von der Tabletten „ausschließlich im Falle eines Unfalls in einem Kernkraftwerk und auf Anweisung der Behörden“ angezeigt ist. „Wenn die Tabletten zum richtigen Zeitpunkt eingenommen werden, kann die Aufnahme von radioaktivem Iod-131, das aus dem havarierten Kraftwerk freigesetzt wird, reduziert oder verhindert werden“, schreibt die Regierung. Eine solche Schutzmaßnahme könne je nach Schwere des Unfalls und den Wetterbedingungen bis in Entfernungen von einigen Dutzend Kilometern erforderlich sein. Bei anderen „Szenarien“, die sich entweder in größeren Entfernungen abspielen oder andere Anlagentypen betreffen würden, biete die Einnahme der Tabletten keinen Schutz.

HTK
2. März 2022 - 9.05

Bei Corona war es Toilettenpapier,bei Putin sind es Jodtabletten. Die Hysterie treibt bunte Blüten. Ich kannte jemanden der deckte sich mit ganzen Paletten Dosengemüse ein als Bush über Saddam herfiel.Er zehrt heute noch daran. Die Schweizer haben "Bunkerpflicht" bei Neubauten um nach einem Atomschlag noch einige Wochen auszuharren.Und danach? Dabei fragt man sich doch: " Wer will in einem atomar verseuchten Land weiterleben?"