„Luxemburg ist kein Finanzparadies“

„Luxemburg ist kein Finanzparadies“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Luxemburg ist weder Steuer- noch Finanzparadies. Das Internet verändert das Verhältnis zum Kunden. Das sind Aussagen von Carlo Thill, Länderchef Luxemburg und Vorstandsvorsitzender der BGL BNP Paribas im Tageblatt Gespräch.

Schwarzgeld wird in Luxemburg abgelehnt. Luxemburg ist weder Steuerparadies noch Finanzparadies. Luxemburg ist ein Land, auf das die Finanzgruppe BNP Paribas setzt, zu der die BGL gehört, so die Aussagen von Carlo Thill, Länderchef Luxemburg und Vorstandsvorsitzender der BGL BNP Paribas.

Insgesamt 4.300 Mitarbeiter umfasst die Finanzgruppe BNP Paribas in Luxemburg. „Luxemburg“, sagt Carlo Thill, „ist Heimatland nicht nur der BGL, sondern auch ein Heimatland von BNP Paribas. Die BGL ist mit dem Schaltergeschäft, dem Private Banking, der Unternehmensbetreuung und mit dem Leasinggeschäft hierzulande die traditionsreiche Luxemburger Bank. Sie agiert auch als gemeinsames Service Center für etliche der elf operativen Gesellschaften der BNP Paribas in Luxemburg. Das heißt unter anderem, dass die BGL die Personalverwaltung zum Beispiel für die BNP Paribas Security Services übernimmt, oder das Controlling, die Compliance (Überwachung der Handlungen auf ihre Gesetzestreue) oder auch das interne Wirtschaftsprüfungsverfahren (audit).

„Heimatland Luxemburg“

In Luxemburg operiert die BNP Paribas fast sämtliche Geschäftsbereiche, die die Gruppe betreibt. Das ist ganz anders als z.B. in Asien. Dort geht die Gruppe nur mit bestimmten Produkten für bestimmte Zielgruppen in den Markt. „Die BGL als Kern und die vielen anderen Bereiche um sie herum, machen Luxemburg für die BNP Paribas Finanzgruppe zu einem Heimatland“, betont Thill.

Die Bank mit ihren 206.700 Retail-Kunden wirkt seit langem über Luxemburg hinaus. „Unsere Kunden-Zielgruppe sind auch die zahlreichen Grenzgänger, die in Luxemburg arbeiten sowie die grenzüberschreitenden Unternehmen. Um die Großregion zu bedienen, arbeiten wir eng mit dem Vertriebsnetz von BNP Paribas in Frankreich und Belgien zusammen“ sagt Thill. “In Deutschland haben wir in Trier ein Büro, insbesondere für die Unternehmen, eingerichtet.“

„Nur ein Konto“

Tatsächlich benötigt man im Prinzip innerhalb der Eurozone heutzutage mit dem Zahlungssystem Sepa und den IBAN Konten nur noch ein Konto. „Allerdings“, gibt Thill zu, „richtet man im Zweifel doch eher ein Konto in seinem Heimatland ein.“ Die Platzierung unter den Luxemburger Banken ist für Thill nicht so wichtig. „Es gibt Bereiche, in denen sind wir die Nummer eins, in anderen die Nummer zwei. Wichtig ist letztlich die Qualität, mit der wir den Kunden betreuen.“

Ein „Overbanking“ mag Thill angesichts von BGL BNP Paribas, BIL, Staatssparkasse, Raiffeisenbank, ING mit ihren jeweiligen Zweigstellen in Luxemburg nicht erkennen. „Es mag sein, dass wir zu viele Zweigstellen haben“, sagt er mit Verweis auf die 39 Filialen in Luxemburg. „Wir müssen darüber nachdenken, wie wir uns dem Kunden in der Zukunft nähern. Der Erfolg des Internet Banking verändert das Verhältnis zwischen Bank und Kunden.“ Mit anderen Worten: Der traditionellen Schalterbank stehen Veränderungen bevor.

Kundenbezogenes Investmentbanking

Die BGL BNP Paribas hat sich auf der einen Seite von einem Geschäft beinahe verabschiedet. Thill: “Das Investmentbanking machen wir nur kundenbezogen. Für uns als Bank haben wir dieses Risiko ausgeschlossen.“

Genauso klar ist der Vorstandsvorsitzende auf der anderen Seite im Bereich des Schwarzgeldes und der Steuerparadiese. Neue Geschäftsbeziehungen in diesem „Offshore Bereich“ habe die BGL seit Jahren aufgehört, sagt er. „Wir müssen den Kunden erklären, dass die Welt sich verändert hat. Wenn man in eine internationale Gruppe eingebettet ist, dann sind das keine Geschäftsmodelle. Außerdem: Wir haben es mit veränderten Regeln zu tun. Die gibt es, sie sind strenger als früher. Daran halten wir uns.“

„Sauberes“ Bankenland

Carlo Thill, der gleichzeitig Vizepräsident des luxemburgischen Bankenverbandes ist, weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass dies für Luxemburg insgesamt gilt. „Das Land hat gelernt“, sagt er. Der Bankenverband selbst arbeitet seit Jahren daran, dass Luxemburg ein „sauberes“ Bankenland wird. Thill verweist im Gespräch allerdings auch darauf, dass die Durchsetzung dieser Philosophie häufig zu schwierigen Gesprächen geführt hat. Kundenberater hätten befürchtet, ihre Kunden zu verlieren, wenn das Thema Schwarzgeld angesprochen worden sei. „Das Gegenteil war aber der Fall“, sagt er. „Kunden dabei zu helfen, ihre Situation zu regularisieren, wird in der Regel sehr positiv aufgenommen und stärkt das Vertrauensverhältnis zur Bank. Das regularisierte Geld bleibt zu 90 Prozent in Luxemburg“.

Der Bankenplatz, so Thill, habe sich seit langem darauf eingestellt, dass mit dem 1. Januar 2015 sich die Situation tiefgreifend verändern werde. Warum?

Gewünschte Transparenz

Bisher werden bei nicht in Luxemburg residierenden Kunden bei den Zinsen 35 Prozent als Quellensteuer erhoben. Der Staat Luxemburg überweist davon 75 Prozent an die Länder der jeweiligen Nationalität. Da in Europa der Eindruck vorherrscht, dass Luxemburg mit diesem Verfahren ein Steuerparadies sei, wird sich Luxemburg vom 1. Januar 2015 an dem mehrheitlich geübten Verfahren des Datenaustausches anschließen. Das heißt, jeder gezahlte Cent an Zinsen zum Beispiel an einen deutschen oder französischen Kunden wird der deutschen oder französischen Steuerverwaltung mitgeteilt. Die deutsche Steuergewerkschaft hat mittlerweile aber auch den Nachteil erkannt: Die Datenmenge sei so groß, die durch Europa vagabundiere, dass man dringend mehr Personal zur Abarbeitung der Daten benötige. Mit anderen Worten: Die gewünschte Transparenz wird möglicherweise gar nicht zu mehr Steuergerechtigkeit führen.

„Wir werden“, sagt Thill, „es zukünftig mit Regeln für Steuerausländer aus der Eurozone zu tun haben, mit den Regeln für die USA, mit dem Steuergeheimnis für Kunden, die in Luxemburg wohnen und mit den Regeln für Kunden, die außerhalb Europas wohnen“.

Nachteil

Daraus entwickelt sich ein Nachteil, macht Thill deutlich. „Wir schulen unser Personal bereits. Denn auf uns werden insbesondere im Bereich der Schalterbank erhebliche Mehr-Aufgaben mit höheren Kosten zukommen.“ Ob diese höheren Kosten auf den Kunden umgelegt werden, lässt Thill offen. „Der Vorteil der ganzen Angelegenheit liegt immerhin darin, dass wir heute schon eine Rechtssicherheit für die Zukunft haben, auf die wir uns jetzt schon einstellen können“.

Die Zentrale für einen Finanzkonzern zu sein, der zum Beispiel im Investmentfondsbereich europäisch ausstrahlt, oder den Leasingbereich des Gesamtkonzerns in Luxemburg konzentriert, soll zukünftig durch zwei neue Gebäude auf dem Kirchberg sichtbar werden. „Sehr hoch werden die beiden Gebäude nicht werden“, so Thill. „Der Flughafen setzt uns hier Grenzen. Es wird ein höheres und ein flacheres Gebäude werden. Wir haben eine Baugenehmigung über eine Gesamtfläche von 70.000 Quadratmeter Fläche erhalten, werden aber in einer ersten Phase nur 52.000 Quadratmeter bebauen.“

Für den Immobilienmarkt in der Hauptstadt hat diese Maßnahme eine größere Bedeutung. Thill: “Das Gebäude Hamilius in der Stadt werden wir verkaufen. Die Zweigstelle werden wir allerdings behalten. Der Turm der BNP Paribas neben der Villa wird ebenfalls verkauft. Das Gebäude der BNP Paribas Security Services in Howald wird geräumt. Die Investmentfondsverwaltung wird umziehen in die Türme. Insgesamt werden alle Bereiche mit Ausnahme des Autoleasing „Arval“ und der Versicherung, die in der Stadt bleibt, auf dem Kirchberg konzentriert werden.“ Die Bedeutung des Finanzkonzerns BNP Paribas mit dem Kern der Bank BGL wird dann neben dem Verteilerkreis am Kirchberg unübersehbar werden.