GemeindewahlenIn Kayl-Tetingen sind alle Optionen möglich

Gemeindewahlen / In Kayl-Tetingen sind alle Optionen möglich
Der Park Hummerland in Tetingen: Alle Parteien machen sich für mehr Grünflächen stark Foto: Lucien Montebrusco

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Alles offen – das ist dieser Tage die gängige Antwort von Kandidaten und Wählern auf die Frage, wie denn das Wahlergebnis in Kayl-Tetingen am Sonntagabend aussehen wird. Ein wenig eleganter Machtwechsel und politische Neulinge verunsichern. 

Im Dezember 2021 hatte der langjährige sozialistische Gemeinderat Marcel Humbert der Haushaltsvorlage seiner Kollegen die Zustimmung verweigert. Die Folge war ein Misstrauensvotum, den der rot-grüne Schöffenrat verlor. Humbert verhalf dem bislang sechs Mandate zählenden CSV/DP-Bündnis (vier plus zwei) zur Mehrheit. 

Über Humberts Seitenwechsel gehen die Meinungen auseinander. Während die einen die angeblich despektierliche Haltung der alten Parteikollegen Humbert gegenüber kritisieren, was letztlich zum Bruch führte, sprechen andere von Verrat. Wie sich diese Stimmungen am Wahlsonntag auf die LSAP auswirken werden, ist ungewiss. Ein weiteres Problem für die LSAP: Sie muss nicht nur die 1.874 Humbert-Stimmen der 2017er-Wahlen wettmachen. Ihr fehlen auch die 2.660 Stimmen ihres ehemaligen Zugpferdes John Lorent, der bereits vor dem Machtwechsel seinen Rückzug aus der Politik angekündigt und Marco Lux als Nachfolger aufgebaut hatte. Eine Herkulesarbeit, die die Genossen erwartet. Seit 2005, wo sie noch 58,14 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnte, verlor die Partei an Rückhalt. 2011 fiel sie auf 44,04 Prozent, 2017 auf 40,3 Prozent zurück. Auf den ehemaligen Koalitionspartner „déi gréng“ dürfte der innerparteiliche LSAP-Zwist abperlen. Die Grünen hatten nach den Wahlen von 2011 der LSAP den Machterhalt ermöglicht, nachdem diese die absolute Mehrheit verloren hatte. 2017 folgte die rot-grüne Neuauflage. Die grünen Königsmacher verbesserten sich 2017 auf 17 Prozent. 

Der Tetinger Bahnhof
Der Tetinger Bahnhof Foto: Lucien Montebrusco

Doch auch die CSV, die seit Januar 2022 mit Jean Weiler (1.339 Stimmen) 2017 den Bürgermeister stellt, und die DP können sich nicht auf der gewonnenen Seite wähnen. 2017 verzeichnete die CSV 28,14 Prozent der Stimmen (23,02 Prozent im Jahr 2011, 26,50 Prozent bei den Wahlen von 2005). Die DP war 2017 auf 14,56 Prozent zurückgefallen, nachdem sie 2011 noch 16,52 Prozent erzielt hatte. Die CSV/DP-Koalition müsste sich ein zusätzliches Mandat sichern, da Marcel Humbert, der sich nicht mehr zur Wahl stellte, in Zukunft fehlen wird. Zugutekommen könnte ihnen unter anderem die Bereitschaft, schnell und unkompliziert bei der Lösung der Flüchtlingsprobleme im Zuge des Ukraine-Krieges geholfen und den Brand im Regiebetrieb effizient gemanagt zu haben. Quasi alle großen und kleinen Projekte des letzten Jahres trugen noch die Handschrift der vorigen Mehrheit.

Umweltschutz, erschwinglicher Wohnraum und Co.

Bleiben die kaum abzuschätzenden Folgen einer weiteren Zersplitterung der Luxemburger Parteienlandschaft, die sich auch in Kayl bemerkbar macht. Mit ADR und Piratepartei buhlen zwei weitere Listen um die Wählergunst. Ein Detail am Rande: Spitzenkandidat der Piraten ist Ben Lomel, dessen Vater Patrick bei der CSV kandidiert. Zumindest die Piraten dürften mit einem Achtungserfolg rechnen können. Sie könnten Stimmen jener Wähler sammeln, denen vermeintliche Ränkespiele der alten und neuen Mehrheit zuwider sind.

Und die programmatischen Inhalte bei alledem? Den Wahlheften und -blättern zufolge könnte jeder mit jedem, zumindest die großen Parteien. Alle sind für mehr Bürgerbeteiligung, mehr Lebensqualität und Umweltschutz, für besseren öffentlichen Verkehr, um Kayl-Tetingens Problem Nummer eins, den Durchgangsverkehr, zu lindern. Alle versprechen mehr erschwinglichen Wohnraum, wollen sich um die Jugend und Senioren kümmern. Unterscheiden tun sie sich in Details: Die CSV schlägt einen öffentlichen Grillplatz im Ouerbett-Park mitsamt Snack- und Getränkekiosk und einen Camperplatz vor. Die DP will einen Tierfriedhof und Tiny Houses, die LSAP eine Pumptrack-Piste sowie ein Arboretum, Videokameras für mehr Sicherheit und öffentliches WLAN. „déi gréng“ plädieren für Starkregen- und Hochwasserschutzmaßnahmen und die Verlegung des Tetinger Fußballfeldes auf das kürzlich erworbene Areal der alten Schlackenhalde, während die Piraten die Abschaffung der Hundesteuer und die Verzehnfachung der E-Ladestationen fordern. Die ADR hingegen wünscht sich Referenden bei wichtigen Projekten und den Erhalt von Kirchen und religiösen Festen. Die Qual der Wahl demnach, vorausgesetzt, man lässt sich bei seiner Entscheidung am Sonntag von Inhalten leiten.

Der Park Ouerbett in Kayl
Der Park Ouerbett in Kayl Foto: Lucien Montebrusco