SerieHistorisches und Architektonisches Esch (2): Pfarrhaus Sankt Josef und die Mädchenschule

Serie / Historisches und Architektonisches Esch (2): Pfarrhaus Sankt Josef und die Mädchenschule
Eine aktuelle Ansicht des Pfarrhauses (1847/48, 12, rue de l’église) und der angrenzenden Mädchenschule (1853/1854-1868, 10, rue de l’église) Foto: Christof Weber

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Das aktuelle Pfarrhaus von Sankt Josef und die angrenzende erste Escher Mädchenschule gehören zu dem ältesten überkommenen Baubestand der Stadt Esch.

Das Presbyterium ist älter als die 1877 geweihte Sankt-Josef-Pfarrkirche. Es diente nämlich bereits dem Pfarrer des ersten 1878 abgebrochenen Escher Gotteshauses (Sankt Johann Baptist) als Bleibe, das in etwa den Raum der heutigen Großgasse-Schule einnahm. Der Bau eines neuen Pfarrhauses war zwischen 1847 und 1854 unabdingbar geworden, weil die Pfarrei der Gemeinde das alte Presbyterium zur Verfügung gestellt hatte. Dieses sollte abgerissen werden, weil es im Bauperimeter des ersten geplanten Escher Stadthauses lag.

Zwecks Errichtung des neuen Pfarreramtes erwarb die Gemeinde das etwas oberhalb der Sankt-Johann-Baptist-Kirche gelegene landwirtschaftliche Anwesen Haas-Printz. Das geplante Presbyterium wurde auf den Fundamenten des ehemaligen Bauernhauses aufgebaut. Verschiedene Spolien der abgebrochenen Gebäude wie zum Beispiel Tür- und Fensterstürze aus Sandstein wurden weiterverwendet. Über die Jahrzehnte wurde das einstöckige Haus mehrmals umgebaut. So wechselte die Eingangstür mehrmals die Stelle an der Fassade. Es bleibt festzuhalten, dass sich die architektonische Gestaltung des Neubaus bis heute an die eines Bauernhauses aus dem frühen 19. Jahrhundert anlehnt. Man bemerke beispielsweise knapp unter dem Dach eine Reihe von winzigen Fensterluken, die der Belüftung des Speichers dienten.

Luftaufnahme des Viertels um die Josephskirche mit Pfarrhaus, Vereinshaus und Mädchenschule. Postkarte um 1970<br />
Luftaufnahme des Viertels um die Josephskirche mit Pfarrhaus, Vereinshaus und Mädchenschule. Postkarte um 1970
 Archives de la Ville d’Esch, Postkartensammlung

Fast zeitgleich mit dem neuen Pfarrhaus wurde 1853/54 die erste Escher Mädchenschule gebaut. Zunächst war das Schulhaus nicht an das Pfarramt angebaut, sondern durch einen Schuppen von Letzterem getrennt. Der Klassensaal befand sich im Erdgeschoss rechts neben der Eingangstür des ursprünglich einstöckigen Schulhauses, während die Etage als Lehrerinnenwohnung diente. 1868 wurde der Schuppen eingerissen. Nun konnte die Schule an das Presbyterium angebaut und um mehrere Schulsäle erweitert werden. Diese befanden sich nun rechts und links der Eingangstür, die in die Mitte des Gebäudes rückte. Die Schule wurde zudem um eine Etage aufgestockt. Diese stand den Schwestern der christlichen Lehre, die den Unterricht der Mädchen betreuten, als Wohnung zu Verfügung. Die Schwestern betrieben gleichzeitig eine Nähstube, in denen Mädchen aus benachteiligten Familien in verschiedenen praktischen Tätigkeiten unentgeltlich unterrichtet wurden.

Von 1926 bis 1993 wurde in der ehemaligen Mädchenschule der städtische Musikunterricht gewährleistet (Musikschule, ab 1969 Musikkonservatorium der Stadt Esch). Nachdem dieser in dem ehemaligen Kasino der Gelsenkirchener Hütte eine neue Bleibe gefunden hat, wurden die Räumlichkeiten unterschiedlichen Zwecken zugeführt. Heute stehen sie hauptsächlich für Vereinstätigkeiten zur Verfügung. Dem ehemals mit seinen großen Fenstern hell und großzügig geplanten Gebäude würde zweifellos eine sanfte Überholung guttun.

Die frühe Ansicht des Pfarrhauses verrät dessen architektonische Verwandtschaft mit den Bauernhäusern des frühen 19. Jahrhunderts
Die frühe Ansicht des Pfarrhauses verrät dessen architektonische Verwandtschaft mit den Bauernhäusern des frühen 19. Jahrhunderts Archives de la ville d’Esch, Postkartensammlung

Die Serie

Von April bis Juli 2020 lädt das Tageblatt seine Leser zu einem Spaziergang durch die Geschichte einer außergewöhnlichen Stadt ein: Esch/Alzette, Hauptstadt des luxemburgischen Erzbeckens. Als Vorschau auf die Veröffentlichung des „Guide historique et architectural Esch-sur-Alzette“ im Juli 2020 stellt das Tageblatt jeden Tag eines der rund 150 für das Buch ausgewählten Gebäude vor. Georges Büchler, Jean Goedert, Antoinette Lorang, Antoinette Reuter und Denis Scuto sind die Autoren. Die Fotos stammen von Christof Weber. Der Stadtführer wird vom Luxembourg Centre for Contemporary History (C2DH) und der Gemeinde Esch herausgegeben und vom Verlag capybarabooks veröffentlicht. Die Texte und Fotos stellen nicht nur die verschiedenen Architekturstile vor, sondern gehen auch auf den historischen Kontext der Wohn- und Geschäftshäuser, Verwaltungs-, Industrie-, Sakral- und Kulturbauten ein. Die Herangehensweise ist chronologisch: Gezeigt werden Gebäude aus dem 18. Jahrhundert bis heute, vom Turm des Berwart-Schlosses zur Cité des Sciences, von Al Esch zu den Nonnewisen, vom Friedhof Sankt Joseph zum Café Pitcher. Der Führer beschreibt die Entwicklung der Stadt Esch und seines Kulturerbes nicht nur aus der Perspektive der Kunst-, Architektur- und Urbanismusgeschichte, sondern auch aus jener der Sozial- und Industriegeschichte.

Ujheen
12. April 2020 - 23.39

@ adelheid @ bernard Neischt verstaan alle béid. Et geet net em d‘Erhaale vun eppes Aalem mais em eise Patrimoine. Alles ewechrappen? Wéi einfach a banal...wéi ass et da mat Alternativen? Jo, e schéint Appartementshaus a Plaatz dovunner, gudd geschafft....

Halter
12. April 2020 - 17.08

Sieht aus wie hunderte alte Häuser auch, feucht, schlecht gebaut, unisoliert, ohne Drainage...weg damit!

en einfachen Aarbechter
12. April 2020 - 16.32

Beide Gebäulichkeiten sind erhaltenswert und sollten vor dem Abriss geschützt werden, ob sakral oder weltlich. Sie gehören ganz einfach zum Kulturerbe und zum architektonischen Erbgut.

adelheid
12. April 2020 - 12.32

Just wëll et al ass, ass et nach net schützenswäert. Der dote Bude ginn et nach dausenden hei am Land, mir kënnen net an all Kaff esou eppes fir Millioune renovéieren.

bernard
12. April 2020 - 0.04

Si wäerten dat ellent Dénge jo awer ofrappen.