Geld mit Geld verdienen

Geld mit Geld verdienen

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Luxemburg konnte sein Tax-Ruling-System nicht ohne Mitwissen der anderen EU-Ländern praktizieren. Das sagt Rechtsanwalt Christian Rollmann, der auf Steuerrecht spezialisiert ist.

Christian Rollmann ist, wie man zu sagen pflegt, ein Insider. Von 1994 bis 2006 war er bei der Steuerverwaltung eingestellt. Unter anderem arbeitete er in der Abteilung, die sich mit Tax-Ruling-Fragen beschäftigt. Jenes System, das Luxemburgs Nachbarländer und die EU-Kommission seit Monaten dem Land vorwerfen. Rollmann war sozusagen ein Mitarbeiter von Marius Kohl, der im Namen der Steuerverwaltung und damit des Staates etliche Abkommen mit Firmen unterschrieb. Heute ist Rollmann unabhängiger Rechtsanwalt, Spezialisierung: Unternehmensbesteuerung. Am Donnerstag sprach er mit Tageblatt-Journalisten über Luxembourg Leaks.

Die Praxis, mit Firmen Steuervereinbarungen zu treffen, hatte und hat wirtschaftliche Gründe, sagt Rollmann zu Beginn unseres Gesprächs. Es ist nicht verwunderlich, dass zu Beginn vor allem US-Firmen sich in Luxemburg niederließen. Sie wollten von Luxemburg aus den europäischen Markt durchdringen. Luxemburg sollte als Plattform dienen. In Luxemburg verstanden einige sehr schnell, dass eine neue Ära der Globalisierung begonnen hatte. Warum das also nicht nutzen? Zumal Luxemburgs industrielle Basis in den vergangenen Jahren stetig schrumpfte. Man musste lernen, Geld mit Geld zu verdienen. Also bemühte man sich um diese neuen Unternehmen, vor allem wenn sie in innovativen Branchen aktiv waren.

Keine Luxemburger Ausnahme

Was das Land betrieb und noch betreibt, ist keine Luxemburger Ausnahme. Ähnlich arbeitet man auch in den Niederlanden oder in Irland, betont Rollmann. Das Ruling-System sei kein Buch mit sieben Siegeln. Es sei bloß ein Schriftstück, in dem festgehalten wird, wie ein Unternehmen laut geltender Gesetzgebung besteuert wird.

Vor allem ein Beamter, Marius Kohl, befasste sich mit den Ruling-Vereinbarungen. Schnell wurde derlei Schriftstück unterzeichnet, so einer der Vorwürfe. Blieb noch genügend Zeit, sich in alle Details einzuarbeiten? Man müsse wissen, was man lesen muss, so Rollmanns Antwort. Und: Es ging stets um das Staatsbudget. Aufgabe der Steuerbeamten sei es nun mal, dem Staat Einnahmen zu besorgen, sagt er diplomatisch.

Unverständnis löste insbesondere die Information aus, Firmen würden dank Luxemburg nicht mal ein Prozent Steuern zahlen. So etwa das US-Logistikunternehmen FedEX. Rollmanns Erklärung: die Firma wurde in Luxemburg nur für die hier ausgeübte Tätigkeit besteuert. Wenn sie nicht mehr Steuern zahlte, dann weil sie in dem anderen europäischen Land, in dem sie ihre Operationen tätigte, vom dortigen Steueramt nicht belangt wurde, in diesem Fall das Steueramt Frankfurt/Main. Laut deutschem Einkommenssteuergesetz hätte man das ohne Weiteres tun können.

Luxemburg praktizierte und praktiziert sein Steuer-Ruling demnach nicht ohne Mitwissen der anderen Länder, betont Rollmann. Die aktuelle Kampagne sei der Versuch der Nachbarländer, sich auf Kosten Luxemburgs bei den eigenen Steuerzahlern zu entschuldigen. Wenn diese Staaten tatsächlich ernsthaft über den Steuerausfall verärgert wären, würden sie gleich bei den eigenen Firmen vorsprechen und Steuernachzahlungen fordern. Das werden aber weder Paris noch Berlin tun, ist Rollmann überzeugt. Und, so die Botschaft an die betroffenen Unternehmen: Es ist nicht zu spät, eine Steuererklärung zu machen.