Ein bitterer Nachgeschmack

Ein bitterer Nachgeschmack
(Raphaël Fiegen)

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Im Februar hatte sich Raphaël Fiegen auf den Weg ins schwedische Lappland gemacht, um dort eine 700 Kilometer lange Reise mit dem Hundeschlitten zu bewältigen. Allerdings machte das Wetter ihm einen Strich durch die Rechnung.

Schon auf dem 3.000 Kilometer langen Weg zum Startpunkt hatte Raphaël Fiegen ein schlechtes Gefühl. Normalerweise liegt im Februar bereits auf der Höhe von Stockholm Schnee, allerdings erwarteten ihn und seine acht Schlittenhunde nur zu warme Temperaturen und Schneeregen. Nichtsdestotrotz setzte Fiegen seine Reise fort. Auf den letzten 300 Kilometern Reise hatte sich die Wetterlage noch immer nicht verbessert.

Es lag zwar Schnee, aber die Temperaturen pendelten um den Gefrierpunkt herum, sodass die Seen nicht zugefroren waren. Auch am Zielpunkt im schwedischen Lappland hatte sich die Situation nicht verbessert. Eine ideale Temperatur für die Hunde würde bei -30 Grad liegen. Davon waren die Wetterbedingungen in Schweden allerdings weit entfernt. Fiegen wartete einige Tage ab und hoffte auf kälteres Wetter. Schließlich entschied er sich dazu, eine andere Route zu wählen und fuhr mit seinen Hunden nach Finnland zum Inari-See, um dort eine rund 300 Kilometer lange Umrundung des Sees zu versuchen.

In Finnland hatten sich die Wetterbedingungen verbessert. Die Temperaturen waren um einiges kälter, sodass Fiegen bereit war, einen Versuch zu wagen. Er spannte seine acht Hunde an den Schlitten und begann die Umrundung des Inari-Sees. Nach nur wenigen Tagen hatte er die Hälfte des Weges geschafft. Allerdings setzte der Regen wieder ein. Kurze Zeit später kam es zu einem starken Temperaturabfall. Das nasse Fell der Hunde lief Gefahr einzufrieren, was schwerwiegende gesundheitliche Folgen für die Tiere haben kann. Fiegen entschloss sich umzukehren, um die Hunde entsprechend versorgen zu können. Das Wichtigste war es, das Fell der Hunde wieder zu trocknen. Er überquerte den zugefrorenen See und legte innerhalb eines Tages rund 50 Kilometer zurück. Dabei musste er viel von den Hunden abverlangen, die sich auf dem Rückweg einige leichte Verletzungen zuzogen. Am Ausgangspunkt angekommen versorgte Fiegen erst einmal seine Tiere. Nun hatte er eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen. Sollte er seine Reise abbrechen oder es nach einigen Tagen nochmals versuchen, den See zu umrunden?

Eine klare Entscheidung

Doch der Hundeführer wusste eigentlich, dass es nur eine richtige Entscheidung geben könnte und er entschied sich dazu, das Unternehmen abzubrechen und nach Luxemburg zurückzukehren. Die Hunde haben sich aber wieder relativ schnell von den Strapazen der Reise erholt. Auf dem Heimweg holte Fiegen noch einen neuen Hund ab. Im Mai plant er, noch einen weiteren Welpen dem Rudel hinzuzufügen. Die Jungtiere sollen die Grundlage für sein neues Schlittenhundeteam bilden. Auf der Reise hat er kaum Tiere begegnet. „Das ist sehr außergewöhnlich für die Region, normalerweise sieht man sehr viele Rentiere in Lappland“, erzählte Fiegen. Am Anfang der Reise hätte er etwas Heimweh gehabt, aber dank seiner Tiere hätte er sich nie wirklich alleine gefühlt. Konkrete Reisepläne mit seinen Huskys hat der Hundeführer aber noch nicht. Nur eins ist sicher: er wird nie mehr versuchen, mit dem Hundeschlitten durch Lappland zu reisen. Vor ungefähr zwei Jahren hatte er dieses Abenteuer bereits versucht, allerdings musste er damals die Reise ebenfalls wegen schlechter Wetterbedingungen abbrechen.

Eine moralische Talfahrt

Der Abbruch der Reise habe ihn allerdings zunächst stark getroffen. Seine Moral war an einem Tiefpunkt angelangt, sodass er sogar daran zweifelte, ob er jemals wieder eine solche Tour unternehmen würde. Seine Familie und Freunde hätten den gebürtigen Escher aber wieder aufgefangen, sodass er sich jetzt wieder besser fühle. Trotzdem bleibt ein bitterer Nachgeschmack, obwohl Fiegen weiß, dass er für die Wetterbedingungen in Lappland nicht verantwortlich war. Er hat seinen Blick wieder nach vorne gerichtet.

Von seiner Arbeit ist er noch immer freigestellt, aber trotz seiner neugewonnen Freizeit hat er viel zu tun. So müssen die Hunde wieder „abtrainiert“ werden, damit das vor der Reise antrainierte gesteigerte Lungen- und Herzvolumen der Tiere auf gesunde Art und Weise wieder abnehmen kann. Auch mit seinem Welpen muss sich der 25-Jährige viel beschäftigen. Das Jungtier begleitet die anderen Hunde schon auf ihren Trainingseinheiten, steht allerdings noch unter Welpenschutz. Seit kurzem ist Fiegen Hausbesitzer, sodass auch hier viele Aufgaben anfallen.

Den Blick in die Zukunft

Für den Sommer plant er außerdem eine Rucksacktour. Wohin es genau gehen soll, weiß er noch nicht. Aber eins ist klar, mit der Reise will sich der junge Escher wieder wichtige Erfolgsmomente verschaffen, die ihn zu weiteren Projekten motivieren sollen. Ein mögliches Ziel für eine weitere Hundeschlittentour sieht Fiegen in Kanada. Dort herrschten kältere Temperaturen als in Lappland, sodass es unwahrscheinlich sei, dass er dort die Reise wegen zu warmer Wetterbedingungen abbrechen müsse.

Die Sponsoren haben den Abbruch verständnisvoll aufgenommen. Die rund 20.000 Euro teure Reise war hauptsächlich durch Sponsorengelder finanziert worden. Außer dem restlichen Hundefutter, das ihm für die Reise zur Verfügung gestellt wurde, ist nichts mehr übrig. Das gesamte Geld hatte er bereits im Vorfeld für die Vorbereitungen der Reise ausgegeben.

Fiegen scheint seine Niederlage allerdings gut verkraftet zu haben. Er macht einen positiven Eindruck und scheint voller Tatendrang zu sein. Man könnte sogar sagen, Raphaël Fiegen ist gewappnet für neue Abenteuer.