Der Kripo-Chef im Zeugenstand

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LUXEMBURG - Der Chef der Krimininalpolizei, Patrice Solagna, wird am Montag als Zeuge im Bommeleeër-Prozess gehört. Was weiss der hohe Offizier von der Bombenleger-Affäre.

Einen stichhaltigen Beweis für eine mögliche Mittäterschaft von Johannes Kramer, des Vaters von Andreas Kramer, bei der Bombenleger-Affäre wird es wohl nicht gegeben. Johannes Kramer, Ex-Mitglied des deutschen Geheimdiensts Bundesnachrichtendienst, wurde nach seinem Tod eingeäschert. Das sagte Me Gaston Vogel am Montag zum Prozeßauftakt.

Kramers Sohn Andreas hatte im April 2012 vor den Richter im Bommeleeër-Prozess behauptet, sein Vater habe die Nato-Geheimarmee Stay-Behind mitgeleitet. Er sei an den Attentaten 1984 bis 1986 in Luxemburg impliziert gewesen. Eine Analyse der DNA von Andreas Kramer hatte keine sichere Übereinstimmung mit DNA-Spuren an Beweissstücken aus der Bombenlegeraffäre ergeben.

Das Gericht hatte vergangene Woche zwei DNA-Experten gehört. Alle DNA-Spuren konnten nicht eindeutig einzelnen Personen zugeordnet werden, sagten sie.

Ein neuer „wichtiger“ Zeuge

Am Montag wollte die Verteidigung von einem neuen Zeugen wissen. Ein Mann habe ihm gesagt, er kenne einen möglicherweise wichtigen Zeugen in der Affäre. Es handelt sich um einen 96-jährigen Ex-Militär. Der Mann sitzt im Altersheim und soll Kenntnisse über die Anschläge aus den 1980er Jahren haben.

Bekannt wurde auch zu Beginn der Verhandlungssitzung, dass die Ermittler knapp 40.000 Seiten Unterlagen aus dem SREL-Archiv in Senningen mitnahmen. Me Lydie Lorang kritisierte, dass diese ohne Aufsicht erfolgt sei. Sie wollen doch nicht jede einzelne SREL-Unterlage zuvor sichten, fragt die vorsitzende Richterin Sylvie Conter. Das sei eine Sysiphus-Arbeit.

Solagna: Kein Druck auf die Ermittler

Hat er Druck auf die Ermittler ausgeübt, damit sie die Arbeit am Dossier Bommeleeër abschließen? Das war der Vorwurf, der dem Chef der Kriminalpolizei Patrice Solagna bei früheren Verhandlungssitzungen gemacht worden war. Er könne sich nicht daran erinnern, 2006 derart Druck auf die Ermittler ausgeübt zu haben, sagte Solagna am Montag vor Gericht. Er habe wegen Personalmangel bloß Ermittler zurückhaben wollen Es habe damals akuter Personalmangel geherrscht. Auch turbulente Gespräche mit Untersuchungsrichterin Doris Woltz könne er sich nicht erinnern.

Laut Solagne standen im 2006 nur 112 Kripo-Beamten zur Verfügung. In jenem Jahr mussten mehr als 3000 Fälle bearbeitet werden. „Wir brauchten jeden Mann“, sagt er als Rechtferigung für seinen Wunsch, die Ermittler vom Bommeleeër-Dossier zurückzubekommen.

„Auch noch andere Affären“

Solagnas Ausführungen sorgen für Unverständnis sowohl bei Richterin Conter als auch bei der Verteidigung. Warum sollten Ermittler von einer Affäre abgezogen werden, die sich damals in einer „heißen Phase“ befand. Die Bommeleeër-Affäre sei doch „die“ Affäre im Land gewesen, so Conter. Worauf Solagna entgegnet, dass das wohl zutreffen, nur dass eben auch andere Affären anstanden, über die ermittelt werden musste. Er wollte, dass diese Ermittler in anderen Affären mithalfen, betont er immer wieder, um dann doch zuzugeben, dass der damalige Polizeichef Pierre Reuland sich bei ihm informiert habe, ob denn die Ermittlungen nun eingestellt werden.

Richterin Conter ist überzeugt davon, dass Solagna eine Einstellung der Ermittlungen wollte. Doch nicht der Chef der Kriminalpolizei sondern der Untersuchungsrichter habe über den Fortgang einer Ermittlung zu befinden, belehrt die Juristen den Polizeioffizier.

Am Dienstag ist Pause im Bommeleeër-Prozess. Am Mittwoch wird sich das Gericht mit einer Fall-Analyse zu den Bombenanschlägen 1984-1986 beschäftigen. In den Zeugenstand kommt ein Experte des deutschen Bundeskriminalamtes BKA.