Ausnahme-Zustand im Steuerbüro 12

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Von wegen "stille Zeit zwischen den Feiertagen". In den Notariatskanzleien und im Steueramt 12 ist in diesen Tagen der Teufel los.

Grund dafür ist die anstehende TVA-Anhebung von 3 auf 17 Prozent im Wohnungsbau (mit Ausnahme des Baus zum Eigenbedarf) ab dem 1. Januar 2015. Der Markt ist derzeit völlig aus den Fugen.

Ein kurzer Surf zu den einschlägigen Internet-Immobilienportalen lässt keinen Zweifel daran: Kleine, neue Apartments mit einem Schlafzimmer und Studios sind derzeit fast nicht zu haben. Der Markt ist leer.

Seit den ersten Informationen über ein Ende des superreduzierten TVA-Satzes für Wohnungen, die nicht für den Eigenbedarf bestimmt sind, wurde von den Promotionsgesellschaften so ziemlich jedes Projekt auf den Markt geworfen, das in der Planung halbwegs abgeschlossen war.

Viele Hürden für sozial Schwache

Beim Rush auf „billige“ Wohnungen wollten alle mitmischen. „Binnen drei Monaten haben wir so viele Wohnungen verkauft wie normalerweise in einem Jahr oder 15 Monaten“, meinte dieser Tage im TV ein Promotor. Und die Zahlen anderer sehen ähnlich aus. Auf der Strecke blieben dabei ausgerechnet die einkommensschwachen Haushalte, die eigentlich im Fokus der Neuausrichtung des Wohnungsbaus durch die blau-rot-grüne Koalition stehen sollten.

Der durch die TVA-Änderung zusätzlich aufgeheizte Markt ließ den potenziellen Hausbesitzern mit knappem Budget keine Chance. Während sie zitternd auf die Kreditzusage einer Bank warteten, schlugen finanzkräftige Vermieter zu und sicherten sich die günstigsten Objekte, bei denen nach der Fertigstellung über die Mieteinnahmen die höchsten Renditen zu erwarten sind. Geblieben sind höherpreisige Wohnungen mit mehreren Schlafzimmern. Und die werden wohl auch noch längere Zeit auf einen Käufer warten.

Der Kauf „en future réalisation“ ist in den vergangenen Monaten zu einem Kauf „en très future réalisation“ geworden. Eine Wohnung kaufen, die man erst in 20 oder mehr Monaten beziehen kann, auch das spielt gegen Haushalte, die mit jedem Euro rechnen müssen.

Selbst wenn die meisten Banken spezielle Finanzierungsmodelle für diese Fälle anbieten; es bleibt, dass man über Monate hinaus neben der aktuellen Miete gleichzeitig auch einen Teil des Kredits abstottern muss. Und kommt es Verzögerungen am Bau, muss für die Teilzahlungen nach der Übergangszeit (31.12.2016) auch noch der TVA-Satz von 17 Prozent bezahlt werden.

Keine Weihnachtsferien

So fallen in den Kanzleien der Notare in diesem Jahr die Weihnachtsferien aus. Bis zum 31. Dezember wird durchgearbeitet. Alle 30 Minuten ein Kaufakt, erklärt Frank Molitor. Präsident des Verbands der Notare. Und bei den Kollegen sei die Situation ähnlich.

Dabei ist das, was Molitor und seine Kollegen erleben, nur ein Teil dessen, was sich derzeit auf dem Immobilienmarkt abspielt. Zum Notar kommen eigentlich nur die Menschen, die tatsächlich für den Eigenbedarf kaufen. Kommerzielle Kunden nutzen eine legale, kostengünstigere, schnellere, aber wenig bekannte Abkürzung.

„Ja, viele der Anträge, die uns derzeit erreichen, laufen nicht über einen notariellen Akt, sondern über einen ‚contrat sous seing privé'“ (bei der Enregistrement-Verwaltung registrierter Privatvertrag zwischen Promotor und Hauskäufer), bestätigt Claude Steffes, Chef des Steuerbüros 12 in Luxemburg, auf Anfrage gegenüber dem Tageblatt. Sein Büro versinkt derzeit in einer Flut von Anträgen.

Bis zu 700 pro Tag waren es Ende November/Anfang Dezember. Das habe man noch irgendwie mit dem knappen Personalbestand hinbekommen.

„Die Antworten gingen innerhalb von drei bis vier Tagen raus“, versichert er.

Weiße Flagge

Seit vergangener Woche aber weht in seinem Büro die weiße Flagge. „Da erreichen uns an einzelnen Tagen bis zu 1.500 Anträge, das ist einfach nicht mehr zu schaffen“, erklärt er. Und der Stress ist ihm anzuhören.

Aber auch Verärgerung und Resignation schwingen mit. Über die geplanten Änderungen bei der Mehrwertsteuer habe seine Dienststelle über die Medien erfahren.

Noch einen wichtigen Ratschlag an alle Wohnungskäufer gibt uns Steffes zum Schluss des Gesprächs mit. „Entscheidend für die Anerkennung eines Antrags ist nicht das Datum des notariellen Akts, sondern das Datum, an dem der Antrag im Steueramt ankommt“.

Pech für den, der an Silvester noch einen Termin beim Notar hat und den Antrag dann zur Post bringt, in der Hoffnung, es gerade noch geschafft zu haben. „Der kommt dann am 2. Januar bei uns an. Und der 2. Januar ist der 2. Januar“.*

Verärgert ist Steffes aber auch über die Anträge, die eigentlich gar nicht dringend sind, im Moment die Antragswelle aber noch vergrößern.

Welchen Anteil die Anfragen ausmachen, die sich auf Altbausanierung oder energetische Verbesserungen beziehen, für die auch weiterhin der superreduzierte Satz von drei Prozent gilt, kann er im Moment nicht sagen, aber es dürften nicht wenige sein. „Da hat einiges in der Kommunikation der Regierung nicht geklappt.“

* In einer Mitteilung der Regierung vom Montag, 29. Dezember heißt es dazu nun, dass der notarielle Akt nun auch nachgeliefert werden kann. Allerdings unter der Voraussetzung, dass neben einer Kopie des „contrat de réservation“ auch eine Kopie des Antrags auf Erstellung eines vertikalen Katasters bei der Enregistrement-Verwaltung beiliegen muss.