Hotel GraaceAus einer Schlosserei wird ein Vier-Sterne-Hotel 

Hotel Graace / Aus einer Schlosserei wird ein Vier-Sterne-Hotel 
Hotel Graace in Bonneweg Foto: Steve Krack

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Bis 2012 befand sich in der hauptstädtischen rue Sigismond, ganz in der Nähe des Hauptbahnhofs, die Schlosserei Graas. Kürzlich öffnete auf dem dortigen Gelände ein Hotel seine Türen. Ein Ortsbesuch in Bonneweg.

Junge Apfelbäume zäumen den Weg zwischen zwei Wohnhäusern bis zu einer dunklen metallenen Eingangspforte, die der erste Hinweis darauf ist, dass man sich auf einem früheren Industriegelände befindet. Im Hof befestigt ein Arbeiter eine Kette an einem Eimer. Wie sich herausstellt, ist es der Besitzer des Hotels, Steve Krack, persönlich, der Hand an letzte Details legt. „Das Geheimnis eines gelungenen Bauprojekts ist, jeden Tag persönlich präsent zu sein. Was mich betrifft, mache ich auch so viel wie möglich selbst“, sagt er.

Fünf Minuten vom Hauptbahnhof entfernt entdeckte Krack ein Gelände, das sofort seinen Unternehmergeist weckte: das 1.086 Quadratmeter große Gelände einer Schlosserei, die von den Gebrüdern Graas 1955 gegründet wurde. 2009 wurde die Werkstatt an einen Mitarbeiter verkauft, der sie bis 2012 weiterführte. Krack erwarb das Gelände  noch im selben Jahr, um dort das Projekt einer grünen Wohlfühloase zu verwirklichen, und zwar ein Hotel mitten in der Stadt, wo der Kunde vor allem eins findet: Ruhe. „Ein wahres Schnäppchen“, verrät er. 1,6 Millionen Euro habe er für das Grundstück bezahlt, 1.600 Euro pro Quadratmeter, und das im Herzen von Luxemburg-Stadt.

Doch um einen solchen Ort in eine Wohlfühloase zu verwandeln, braucht es in Luxemburg vor allem eins: Geduld. „Es dauerte allein schon vier Jahre, bis ich die Baugenehmigung hatte“, seufzt Krack, als er davon erzählt. Manchmal müsse man Durchhaltevermögen haben, sagt Krack und zitiert den Rennwagenkonstrukteur Enzo Ferrari, den er als sein Idol bezeichnet: „Wenn du es träumen kannst, kannst du es auch machen.“

Die Bauzeit fiel im Vergleich dazu mit zwei Jahren relativ kurz aus, was aber auch Kracks langjähriger Erfahrung im Immobiliensektor geschuldet sei. „Ich besitze 25 Jahre Erfahrung mit Renovierungen, das hilft schon bei solch einem komplexen Projekt“, erklärt er lachend. Auf die Frage, ob ein Gärtner für die zahlreichen Bäume und Pflanzen verantwortlich sei, antwortet er: „Warum? Man muss nur wissen, was man will, und tut es dann selbst.“

Steve Krack
Steve Krack Foto: Editpress/Fabrizio Pizzolante

Ob Krack nun von Resultaten oder Problemen beim Bau erzählt, stets trägt er ein breites Lachen zur Schau. Humor, Optimismus und gute Laune seien Eigenschaften, ohne die er das alles nicht machen könnte.

Sich selbst bezeichnet Steve Krack, Jahrgang 1974, als Autodidakten. Von der Schule habe er nicht viel gehalten. 1994 begann er seine berufliche Karriere als Angestellter einer Immobilienfirma in Esch/Alzette. 1996 Jahre machte er sich selbstständig; 1998 gründete er seine eigene Firma Promobuild, aus der später „Unité d’habitation“ wird. Zu seinen bisherigen Projekten gehören Renovierungen wie die der „Maison des célibataires“ in Hollerich, das Self-Storage-Konzept Mystock oder noch das Pop-up-Café Brigitte im Grund.

Bei Kracks Immobilienprojekten zeigt sich stets seine Leidenschaft für Architektur und Design. Ehe er das Hotelprojekt in Angriff nehmen konnte, gründete er mit einem Freund das Projekt „L’Amicale des amis“: 14 Architekten bauten 14 Pavillons, die in der alten Schlosserei ausgestellt wurden. Das Projekt wurde 2015 mit dem Ehrenpreis des Luxemburger Architekturpreises ausgezeichnet.

Das Hotel

Es sei Krack wichtig gewesen, den ursprünglichen Charakter des Ortes zu erhalten: Von der Schlosserei zeugt heute die Fassade und vom ursprünglichen Dach steht nur noch die Metallstruktur. Zahlreiche Bäume auf dem Gelände sollen nach und nach für ein grünes, natürliches Dach und Schatten sorgen.

Natürlichkeit ist Krack wichtig. In den 28 Doppelzimmern, die zwar nur 17 Quadratmeter groß sind und eher kleinen Blockhütten ähneln, riecht es nach Holz. Auf chemische Stoffe sei bei der Verarbeitung des Holzes verzichtet worden, sodass schädliche Ausdünstungen ausgeschlossen seien, in den Zimmern gibt es zudem keine Klimaanlage und das Frühstück ist vegan. Ökologie liegt Steve Krack offensichtlich am Herzen. Zudem haben die Holzwände einen Vorteil gegenüber den herkömmlichen Tapeten in Hotelzimmer: Es macht ihnen nichts aus, wenn mal ein Koffer an ihnen vorbeischrammt, wie Krack erklärt.

Die 17 Quadratmeter bieten ein Schlafzimmer, eine Dusche und sogar einen Aufenthaltsraum, der sowohl als Büro, Ess- wie auch als Wohnzimmer dient. Bei geschlossener Eingangstür fällt einem vor allem eins auf: die fast vollkommene Ruhe. Die Akustik in einem Hotelzimmer sei ihm das Wichtigste, sagt Krack. In einem Viertel wie Bonneweg, wo der Flugzeuglärm präsenter ist als sonst wo, ist Ruhe definitiv ein Verkaufsargument.

Der Clou des Hotels befindet sich im zweiten Stock: eine Dachterrasse mit Garten und Gewächshaus, wo sich am besten eine der Grundideen von Krack erkennen lässt: so viel wie möglich wiederverwerten, was durch die Fenster des Gewächshauses, die alle verschieden sind und offensichtlich recycelt wurden, verdeutlicht wird. Die Dachterrasse sowie ein Pavillon können für private Feiern oder Events gemietet werden.

Den Namen des Hotels Graace habe Krack aus drei Gründen gewählt: Das doppelte A sei ein „clin d’oeil“ an die „Amicale des amis“, dann natürlich eine Hommage an die Schlosserei Graas, und neben aller Sentimentalität zeigt der Besitzer damit auch seinen Geschäftssinn: „Die Schreibweise ist gut für Google“, schmunzelt er.

Offiziell öffnete das Graace-Hotel seine Türen am 12. März, fast gleichzeitig mit dem Beginn der Corona-Krise. Verständlich, dass der Ansturm von Gästen bis dato ausblieb. Das Hotel sei nur zu 14 Prozent belegt, gesteht Krack. Doch die wenigen Gäste, die bis dahin dort übernachteten, bescheinigten dem Hotel bei booking.com die Note 9,5, was außergewöhnliche Hotels beschreibt. Die Kommentare auf der Buchungsseite übertreffen sich gegenseitig. Der einzige Wermutstropfen eines Gastes lautet: schwer zu finden, was allerdings auch den Charme dieses neuen Hotels ausmacht.

Die Frage, ob er nun gedenke, Hotelmanager zu werden, verneint Krack: Er sei Unternehmer und gerne kreativ. Geldverdienen mit dem Hotel überlasse er lieber anderen.

Weitere Infos zum Hotel unter www.graacehotel.com