Generalstreik vor 78 JahrenAls die Sirene heulte und ein Land sich erhob

Generalstreik vor 78 Jahren / Als die Sirene heulte und ein Land sich erhob
 Foto: Simone Mathias

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

1921 schrieb Kurt Tucholsky in der „Weltbühne“: „Nichts ist schwerer und nichts erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und laut zu sagen: Nein.“ Genau nach diesem Prinzip verhielt sich der deutsche Widerstandskämpfer Hans Adam, als er am 31. August 1942 um 18.02 Uhr die Sirene in den Schifflinger Hüttenwerken aufheulen ließ.

Der lang anhaltende Dauerton war das Signal zur Arbeitsniederlegung. Die Hütten standen still, Esch und Differdingen schlossen sich an. 2.000 Arbeiter legten ihre Arbeit nieder. Der Generalstreik, der seinen Anfang in der Wiltzer „Ideal“-Lederfabrik nahm, hatte begonnen. Viele machten mit: In Kehlen und Bastendorf weigerten sich die Bauern, ihre Milch an die Molkerei Cellula abzuliefern. Es gab Streiks in den Betrieben und Verwaltungen. Die Grundschullehrer hielten keinen Unterricht mehr ab, die Lehrlinge bei Arbed-Belval streikten, genau wie die Gymnasiallehrer und ihre Schüler und Schülerinnen. Auslöser der Proteste war die am 30. August 1942 durch Gauleiter Simon verkündete Zwangsrekrutierung von mehr als 15.000 jungen Männern.

 Foto: Simone Mathias

Genau 78 Jahre später fand gestern in Schifflingen die alljährliche Feier zum Gedenken an den Generalstreik von 1942 statt. Auf dem Gemeindeplatz fanden sich Vertreter der lokalen Resistenz- und Kriegsopferorganisationen und der Gewerkschaften ein. Blumenkränze am Monument erinnerten an die Opfer. Genau wie damals, Punkt 18.02 Uhr, erklang die Sirene in einem über mehrere Minuten durchgängigen Ton, begleitet von den Glocken der nahegelegenen Kirche. Es war eine ergreifende Gedenkfeier mit Corona-bedingt wenigen Teilnehmern. Der Schifflinger Bürgermeister erinnerte an die Bedeutung dieser Vorgänge sowohl für die Geschichte als auch für die Identität Luxemburgs und zog in seiner Rede Parallelen zum heutigen Eintreten für Demokratie, Gerechtigkeit und Toleranz.

 Foto: Simone Mathias