Juncker kritisiert Vorstoß aus Paris

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(dpa)

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Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker hat beim EU-Gipfel den Vorstoß Frankreichs und Großbritanniens für Waffenlieferungen an syrische Rebellen bedauert.

Europa ist im Syrien-Konflikt entzweit: Frankreich und Großbritannien wollen den Weg für Waffenlieferungen an syrische Rebellen freimachen – andere EU-Länder zogen beim Gipfel in Brüssel aber nicht mit.

Belgien, die Niederlande und Luxemburg haben am Freitag den Vorstoß Frankreichs und Großbritanniens bedauert. Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker sagte am Freitag in Brüssel, er habe in Namen der drei Benelux-Staaten erklärt, „dass wir einige Ausdrucksformen, die man in den beiden letzten Tagen sich zu Gemüte hat führen können, sehr bedauern“. Sie seien „ungeschickt“ gewesen und hätten den Eindruck entstehen lassen, als könne man „nationale Alleingänge nicht ausschließen“.

„Europa hat sich schon bewegt“

Gipfelchef Herman Van Rompuy räumte nach den Gesprächen am Freitag Differenzen ein: „Wir sind mitten in einer Debatte. Es ist normal, dass man unterschiedliche Ansichten vertritt.“ Nun sollen die Außenminister bei ihrem Treffen am 22. und 23. März über das Thema beraten und zu einer gemeinsamen Position finden.

Frankreich war bei dem zweitägigen Gipfel vorgeprescht und hatte die EU-Partner überrascht. Frankreichs Staatspräsident François Hollande machte klar, dass er notfalls auch zum Alleingang bereit sei. „Wir müssen unsere Verantwortung wahrnehmen“, antwortete Hollande auf die Frage, was Frankreich tun werde, wenn die europäischen Partner nicht mitmachen. Nach Abschluss des Treffens gab sich Hollande zufrieden: „Europa hat sich schon bewegt.“

Österreich und Finnland lehnen Vorhaben ab

„Ich bin dagegen“, sagte der österreichische Bundeskanzler Werner Faymann. „Ich glaube, man kann in einem Konflikt, in dem man Waffen liefert, zu keiner Lösung kommen.“ Das bewirke nur, dass auch die Gegenseite wieder Waffen geliefert bekomme. „Wir als neutrales Land haben ja eh eine einseitige Haltung: Wir sind gegen die Aufhebung von Waffenembargos.“

Auch der finnische Regierungschef Jyrki Katainen lehnte Waffenlieferungen an die Rebellen gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad ab. „Bisher hatten wir eine sehr tragfähige Linie in dieser Frage. Und ich erwarte keine Änderung dieser Linie“, sagte er vor Beginn des Gipfels. Er warnte vor einer außenpolitischen Spaltung der EU: „Wir haben versucht, eine gemeinsame Außenpolitik zu schaffen. Und ich hoffe, dass wir die stärken können, indem wir auch eine gemeinsame Politik gegenüber Syrien haben.“

Paris und London wollen Waffen liefern

Der französische Präsident François Hollande hatte sich am Donnerstag fest entschlossen gezeigt, Waffen an die Assad-Opposition zu liefern. „Alle Absichten, eine politische Lösung zu finden, einen politischen Übergang zu finden, sind zerstört“, sagte er. „Wir müssen unsere Verantwortung wahrnehmen.“

Auch Großbritannien plädierte für eine Aufhebung des Verbots von Waffenlieferungen an die Aufständischen. Allerdings wolle sein Land noch nicht aktiv werden, sagte der britische Premierminister David Cameron. „So wie es heute aussieht, sage ich nicht, dass Großbritannien tatsächlich gerne Waffen an die Rebellengruppen liefern würde.“

Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn warnte vor einem Alleingang Frankreichs und Großbritanniens. Asselborn sagte am Freitag, wer Waffen an die Opposition liefere, müsse auch die Verantwortung dafür übernehmen, was damit geschehe. Außerdem gebe es eine gemeinsame Position der EU in dieser Frage. Über diese könne sich niemand hinwegssetzen, so Luxemburgs Außenminister im Interview mit inforadio.de.

Waffenembargo für Syrien läuft aus

Das EU-Waffenembargo gegen Syrien, das für die Regierung und die Aufständischen gleichermaßen gilt, läuft Ende Mai aus. Es kann nur einstimmig verlängert werden. Bisher ist nur die Lieferung von „nicht-tödlichem Militärmaterial“ – beispielsweise Helmen oder Schutzwesten – an die Aufständischen erlaubt.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag gesagt, Deutschland werde in dieser Frage „sehr abwägend vorgehen“. Es bestehe die Gefahr, dass Waffenlieferungen dazu führten, dass „auch die Gegenseite dann mit noch mehr Waffen versorgt“ werde. „Und deshalb ist dies für uns eine sehr komplizierte Abwägungsfrage.“ Im Kreise der Außenminister könne aber über die französisch-britischen Wünsche geredet werden.

Litauen: Keine Kompromisse für Russland

Der EU-Gipfel debattierte auch über das Verhältnis der EU zu Russland – ohne konkrete Beschlüsse zu fassen. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite verlangte, die EU müsse auf der Einhaltung der Menschenrechte beharren und keine Ausnahmen für große Länder wie Russland machen. Zwischen Russland und der EU gibt es zahlreiche Streitpunkte: Dabei geht unter anderem um Fragen der Menschenrechte und der Energiepolitik, aber auch um Visa-Erleichterungen für Russen.

Nach dem Ende des Gipfels sollten die Euro-Finanzminister in einer Sondersitzung in Brüssel das Hilfsprogramm für das pleitebedrohte Zypern auf den Weg bringen. Diplomaten rechneten mit schwierigen Verhandlungen bis tief in die Nacht hinein. Das Ziel sei, eine grundsätzliche Einigung zu erreichen.

Zypern ist wegen seines Bankensektors in Schwierigkeiten geraten und soll ein milliardenschweres Kreditpaket erhalten. Das Volumen umfasst nach Worten von Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem rund 10 Milliarden Euro – zunächst waren von 17,5 Milliarden Euro die Rede gewesen. Juncker sagte mit Blick auf das Finanzministertreffen: „Und dort muss die Zypern-Frage einer Lösung nicht nur nähergebracht werden, sondern in abgeschlossener Form morgen Abend vorliegen“.