Juncker geht als Favorit nach Dublin

Juncker geht als Favorit nach Dublin
(Bloomberg)

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Ein Favorit aus Luxemburg, ein Herausforderer aus Frankreich und ein chancenloser Außenseiter aus Lettland. Ab Donnerstag müssen die Kandidaten für die konservative Spitzenkandidatur für die EU-Wahl zittern.

Ein Favorit, ein Herausforderer und ein chancenloser Außenseiter – so lässt sich vor dem Parteitag der Europäischen Volkspartei (EVP) das Kandidatenfeld zusammenfassen: Als letzte große europäische Parteienfamilie bestimmen die Konservativen auf einem am Donnerstag beginnenden Parteitag in der irischen Hauptstadt Dublin ihren europaweiten Spitzenkandidaten für die Europawahl Ende Mai.

Der Favorit aus Luxemburg: Jean-Claude Juncker

Juncker ist bekannt wie ein bunter Hund in der europäischen Politik: Fast 19 Jahre war er luxemburgischer Regierungschef, acht Jahre führte er die Geschäfte der Eurogruppe. Unter seinem Vorsitz wurden die Hilfspakete für Griechenland, Irland, Portugal und Spanien geschnürt und der dauerhafte Euro-Rettungsfonds ESM aus der Taufe gehoben.

Die Spitzenkandidatur bei der Europawahl und der damit verbundene Anspruch auf den Posten des Kommissionschefs ist die Chance des 59-jährigen Juncker, noch einmal auf die europäische Bühne zurückzukehren.
Denn seit Juncker in Luxemburg vergangenes Jahr über eine Geheimdienstaffäre stürzte, sitzt er nur noch auf der Oppositionsbank. Für sein Comeback hat Juncker zuletzt die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel auffallend häufig öffentlich gelobt. Mit Erfolg: Merkels CDU unterstützt die Ernennung Junckers. Dies sowie seine Bekanntheit und Erfahrung lassen den Luxemburger als Favoriten nach Dublin reisen.

Der Herausforderer aus Frankreich: Michel Barnier

Der Franzose Barnier hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen in der Finanzwelt gemacht. Als zuständiger EU-Kommissar war er nicht nur maßgeblich an der – für die Verhältnisse der EU – schnellen Konstruktion der europäischen Bankenunion beteiligt, auch die Regulierung der Branche als Reaktion auf die Finanzkrise hat er mit einer Vielzahl von Vorschlägen maßgeblich geprägt. Dass manch ein Londoner Banker beim Namen Barnier wohl genervt die Augen rollt, darf der frühere französische Außen- und Landwirtschaftsminister als Bestätigung für seine Arbeit als EU-Kommissar sehen.

Doch gegenüber Juncker ist Barnier mehrfach im Nachteil: Der Kommissar ist vergleichsweise unbekannt. Und anders als der fließend französisch, englisch und deutsch sprechende Juncker fühlt sich der Franzose zudem hör- und sichtbar unwohl, wenn er englisch redet. Zudem hat Barnier keine Erfahrung als Regierungschef. „Aber ich kenne die Kommission sehr gut, war zweimal Kommissar. Ich weiß, was man in diesem Haus tun kann, tun muss. Und ich weiß, wie man es macht“, unterstrich der 63-Jährige kürzlich in einem „Welt“-Interview seine Stärken.

Der Außenseiter aus Lettland: Valdis Dombrovskis

Valdis wer? Valdis Dombrovskis war von 2009 bis Ende November des vergangenen Jahres lettischer Regierungschef, ist der breiten europäischen Öffentlichkeit aber unbekannt. Sein größter politischer Erfolg ist wohl, dass er den kleinen Baltenstaat als 18. Mitgliedsland in die Eurozone führte. Sein Amt als Regierungschef gab Dombrovskis auf, nachdem in Riga durch den Einsturz eines Supermarkts mehr als 50 Menschen starben. Es handelte sich um das schlimmste Unglück seit der Unabhängigkeit Lettlands im Jahr 1991.

In Konkurrenz mit Juncker und Barnier gilt der Lette als chancenlos. Für den 42-Jährigen dürfte die angekündigte Bewerbung um die Spitzenkandidatur aber der Versuch sein, sich als Europapolitiker ins Gespräch zu bringen. Angaben aus Brüssel zufolge zieht Dombrovskis seine Bewerbung möglicherweise vor der Abstimmung am Freitag zurück. Dombrovskis will demnach nach der Europawahl von seinem Land als EU-Kommissar nach Brüssel geschickt werden – in der Hoffnung, einen gewichtigeren Posten zu bekommen als der aktuelle lettische Entwicklungskommissar Andris Piebalgs.