EU-Parlament bringt neue Arbeitsregeln für Lkw-Fahrer auf den Weg

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Auf Europas Straßen tobt ein Wettstreit um die niedrigsten Kosten für Lkw-Transporte. Leidtragende sind die oft schlecht bezahlten Fernfahrer. Das EU-Parlament hat sich jetzt auf mögliche Verbesserungen geeinigt. Doch nicht alle sind zufrieden.

Lastwagenfahrer auf Europas Straßen sollen nach dem Willen des EU-Parlaments besser vor Ausbeutung und schlechten Arbeitsbedingungen geschützt werden. Die Abgeordneten wollen neue Mindestlohnregeln durchsetzen und erreichen, dass Fahrer ihre Hauptruhezeiten außerhalb ihrer Kabinen verbringen müssen. Das geht aus einem Kompromiss hervor, auf den sich die Abgeordneten am Donnerstag in Brüssel nach hitzigen Debatten einigten. Nun muss das Parlament noch mit den Mitgliedstaaten verhandeln, bevor neue Regeln in Kraft treten können. Einen klaren Zeitplan dafür gibt es noch nicht.

Bislang sind auf Europas Straßen viele Fahrer vor allem aus Osteuropa unterwegs, die deutlich weniger verdienen als etwa ihre deutschen Kollegen. Das Parlament fordert nun, dass der jeweilige nationale Mindestlohn zwar etwa bei bilateralen Transporten zwischen zwei Ländern nicht gelten soll. Sobald aber ein Lkw etwa Lieferungen innerhalb eines fremden Markts übernimmt – also bei der sogenannten Kabotage – soll der Fahrer den dortigen Mindestlohn bekommen. Kabotage soll außerdem nur unter strengen Auflagen erlaubt bleiben.

Daneben sollen Fahrer nicht mehr monatelang in Europa unterwegs sein dürfen, ohne ihr Heimatland zu sehen. Dafür fordert das EU-Parlament, dass die Lkw-Fahrer mindestens alle vier Wochen nach Hause zurückkehren dürfen. Ihre reguläre wöchentliche Ruhezeit von 45 Stunden sollen sie zudem nicht mehr in der Kabine verbringen dürfen.

Vor allem Abgeordnete aus Osteuropa hatten sich vehement gegen die neuen Regeln gestemmt. Der Widerstand rührt auch daher, dass Speditionsunternehmen etwa in Rumänien und Bulgarien um ihre Wettbewerbsfähigkeit fürchten.

Lob im EU-Parlament

Der Kompromiss stieß auf ein geteiltes Echo. Lob kam von den beiden größten Fraktionen im EU-Parlament. Der an den Verhandlungen beteiligte deutsche Abgeordnete Ismail Ertug (SPD) erklärte, alle seriös arbeitenden Unternehmen profitierten von den vorgeschlagenen neuen Regeln. Das Nomadentum auf Europas Straßen werde beendet. Laut dem CDU-Abgeordneten Dieter-Lebrecht Koch sorgen die vorgeschlagenen Regeln für einen fairen Wettbewerb und bessere Arbeitsbedingungen im Transportsektor. Und der CSU-Abgeordnete Markus Ferber sieht dank Ausnahmeregelungen auch das deutsche Handwerk geschützt.

Die Grünen hingegen befürchten, dass wegen der Ausnahmen bestimmter Fahrten von den Mindestlohnregeln letztlich viele Fahrer schlechter bezahlt werden könnten als jetzt. „Der Grundsatz „Gleiches Recht und gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ muss für alle gelten, das Wettrennen um die niedrigsten Standards darf in einem sozialen Europa keinen Platz haben“, erklärte die Grünen-Abgeordnete Terry Reintke. Die Gewerkschaft Verdi sieht zwar Verbesserungen. Diese gingen jedoch nicht weit genug: „Die Möglichkeiten des Sozialdumpings werden durch die heutige Entscheidung eingedämmt, jedoch nicht gänzlich beendet“, erklärte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis.