In wenigen Minuten ausverkauft

In wenigen Minuten ausverkauft
(AFP)

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

In Frankreich gab es am frühen Mittwoch Morgen nur eine Zeitung, die gewünscht wurde: Charlie Hebdo.

Um sechs Uhr in der früh öffnete der Kiosk in Paris. Zwei Personen machten die Bedienung: Der eine gab die Zeitung aus, die andere kassierte. Wer keine Vorbestellung hatte, der hatte allerdings kaum eine Chance. 70 Exemplare hatte der Kiosk-Besitzer erhalten, als die Vorbestellungen die 200 überschritten hatten, hängte er einen Zettel auf: „Ich nehme keine Vorbestellungen mehr an.“ Es hatte Vorbestellungen gegeben, die im Einzelfall bis zu 100 Exemplaren gingen.

Nicht anders ging es in Lyon zu, wo die Ausgabe in wenigen Minuten vergriffen war. Das Problem ist nicht die Auflage sondern die Verteilung. Die Distribution kommt nicht nach. Wir erhalten heute noch mehrfach weitere Exemplare, beruhigt ein Zeitschriftenhändler die enttäuschten Kunden. Selbst die Redaktion des Nachrichtensenders BFMTV hat gerade ein Exemplar erhalten und schwenkt es vor den Kameras wie eine Trophäe.

Trophäe

In der Provinz traf sich in der 4.000 Seelen-Gemeinde Pontorson in der Bucht des Mont Saint Michel die übliche Rentnergemeinschaft morgens um sieben Uhr zum Kaffee. Der, der bei der Öffnung um 6.45 Uhr angestanden hatte, schwenkte seine Trophäe, die er ergattert hatte. Die anderen standen drum rum und amüsierten sich königlich über die eine oder andere Zeichnung. Da stehen arbeitslose Djihadisten beim Arbeitsamt an und suchen Jobs. Die Frau am Schreibtisch bietet ihnen den des Sicherheitsbeamten bei Carrefour an. Andere Djihadisten warnen vor Anschlägen auf Charlie Hebdo, weil die ihnen versprochenen Jungfrauen im Himmel sich alle mit den getöteten Märtyrern von Charlie Hebdo vergnügen. Auf der letzten Seite schließlich Zeichnungen, die einst für die erste Seite gedacht aber nie veröffentlicht waren. Und dann diese: Zeichner für Charlie Hebdo zu sein, braucht 25 Jahre, Terrorist 25 Sekunden.

Konsequenz: Der Beruf des Terroristen ist einer für Faulenzer. Charlie Hebdo erscheint in der ersten Ausgabe mit der üblichen Schärfe und Distanz.

Verurteilt

In der moslemischen Welt ist diese Ausgabe nicht gut angekommen. Die Moschee in Kairo verurteilt sie. Nicht geschätzt wird der Prophet, der mit einer Träne und dem Schild „Je suis Charlie“, dargestellt wird. Die Redaktion zeigt, dass sie sich auch nach der Ermordung von elf ihrer Besten nicht einschüchtern lässt.

Die französische Presse an diesem Mittwoch beschäftigt sich unter anderem mit der neuen Ausgabe von Charlie Hebdo. „lasst Euch nicht einschüchtern“, muntert „Le Canard Enchainé“ auf. Die Zeitschrift „elle“ erscheint in leichtem Blau mit einer weißen Friedenstaube auf der ersten Seite, die einen Zweig im Schnabel trägt. Die intellektuell prägende erste Seite ist die der Tageszeitung „Libération“. 64 kleine Abbildungen der ersten Seite von Charlie Hebdo gibt es. Dazu einen schwarzen Einblocker: „Je suis en Kiosque“. Die Zeitung hatte die Redaktion von Charlie Hebdo beherbergt, damit die Ausgabe erstellt werden konnte.