Gewalt in Marseille eskaliert

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In Marseille ist ein 17-Jähriger am Steuer seines Autos von 23 Kugeln durchsiebt worden. Er ist dieses Jahr bereits das sechste Opfer des Drogenkriegs in Europas aktueller Kulturhauptstadt.

Frankreichs zweitgrößte Stadt Marseille zählt ein weiteres Opfer des Drogenkrieges, den sich mehrere Banden schon seit Jahren in den Banlieues liefern. Ein 17-Jähriger wurde am Steuer seines Renault Clio erschossen. 23 Kugeln, abgefeuert aus einer 9-Millimeter Maschinenpistole, sollen gemäss der Regionalzeitung „La Provence“ seinen Körper durchsiebt haben.

Die Tat ereignete sich im 15. Arrondissement. Dieses Hafenquartier Marseilles ist dafür berüchtigt, häufig Schauplatz blutiger Abrechnungen zwischen lokalen Drogenbanden zu sein.

Zwei Männer auf einem Motorrad sollen den jungen Mann an einer Ampel abgepasst haben. Der eine soll dann das gesamte Magazin seiner 9 Millimeter auf sein Ziel entladen haben. Die Schüsse trafen den 17-Jährigen auch im Kopf. Dennoch soll er gemäss Polizeiangaben durch die Salven nicht sofort getötet worden sein.

Probleme halten trotz Hochsicherheitszonen an

Marseilles Polizeipräfekt Jean-Paul Bonnetain sieht sich durch den tragischen Vorfall darin bestätigt, dass die Polizei in ausgewählten „zones de sécurité prioritaire“ noch häufiger präsent sein und patrouillieren muss.

In Europas Kulturhauptstadt 2013 kommt es seit Jahren wiederholt zu heftigen Auseinandersetzungen und zu Anschlägen durch organisierte Banden. In diesem Jahr sind dabei schon sechs Menschen ums Leben gekommen. Die meisten Opfer starben in den besagten 14. und 15. Arrondissements, zwei der Problemviertel in der Hafengegend.

Doch auch in den im Norden der Stadt gelegenen Banlieues, Vierteln wie Font-Vert, le Clos la Rose und la Castellane, halten Drogengangs die Strassen fest in ihrem Griff. 2010 zählte die Stadt 54 Morde und Mordversuche, 2011 waren es 38, von denen 20 Vergeltungsakte im Drogenkrieg waren.

Drogenhandel

Das Jahr 2012 verlief dann lange relativ ruhig, bis alleine im Dezember fünf Menschen zwischen 18 und 38 Jahre ermordet wurden, die in den Drogenhandel verstrickt waren.

Die Marseiller Bezirksvorsteherin und Senatorin Samia Ghali hatte daraufhin von Frankreichs Regierung vergeblich gefordert, grünes Licht für einen Militäreinsatz in Marseille zu geben. Soldaten der französischen Armee sollten dort eingreifen, wo die Polizei versagte.

Unter Präsident Nicolas Sarkozy, der zwischen 2007 und 2012 regierte, waren 350 Polizeistellen gestrichen worden. Derzeit sind in Marseille rund 3000 Polizisten für die Sicherheit der Stadt zuständig, deren Ballungsgebiet fast 1,5 Millionen Einwohner zählt.