Gewalt in Istanbul dauert an

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(AFP)

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Die Proteste gegen den türkischen Regierungschef Erdogan weiten sich aus. Als Demonstration gegen Park-Umgestaltung begonnen, entlädt sich nun landesweit der Volkszorn gegen Erdogan und seine Partei.

Bei den Protesten gegen die türkische Regierung kommt es weiter zu Gewalt. Im Istanbuler Stadtteil Besiktas setzte die Polizei in der Nacht zum Montag Tränengas und Wasserwerfer gegen Tausende Demonstranten ein, berichteten Aktivisten und türkische Medien. In dem Stadtteil befindet sich auch das Büro des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Zusammenstöße wurden auch aus anderen Bezirken der türkischen Metropole berichtet. Friedlich verliefen erneute Demonstrationen auf dem Taksim-Platz, nachdem sich die Polizei von dort zurückgezogen hatte. In mehreren deutschen Städten gab es Solidaritätskundgebungen.

Auch am frühen Montagmorgen gingen die Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften weiter. Wie die Korrespondentin des arabischen Nachrichtensenders Al-Dschasira aus Besiktas berichtete, durchbrachen Demonstranten mit einem Bagger und mehreren Lastwagen eine Polizeiabsperrung in Richtung der Regierungsbüros. Allerdings seien sie kurze Zeit später von einem massiven Aufgebot der Sicherheitskräfte zurückgedrängt worden. Mehrere Demonstranten seien durch Tränengasgranaten verletzt worden.

Mehrere hundert Verletzte durch Polizeigewalt

Zusammenstößen zwischen Regierungsgegnern und der Polizei gab es auch in der Hauptstadt Ankara. Wie Al-Dschasira berichtete, ging die Polizei auch in Izmir, der drittgrößten türkischen Stadt, mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vor. Bislang sollen bei den brutalen Einsätzen der Polizei bereits mehr als 1000 Menschen verletzt worden sein. Zudem gebe es Berichte über mindestens zwei Tote, teilte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International am Sonntag mit. Knapp 1000 Demonstranten wurden nach Angaben der Regierung festgenommen. Innenminister Muammer Güler sprach nach Berichten türkischer Medien von 90 Demonstrationen in 48 Provinzen des Landes.

Erdogan räumte Fehler beim Polizeieinsatz ein, will sich den Demonstranten aber nicht beugen. Zugleich wies er am Sonntag Kritik an seinem autoritären Regierungsstil zurück. „Wenn sie jemanden Diktator nennen, der ein Diener des Volkes ist, habe ich nichts mehr zu sagen“, sagt er. Er griff die Demonstranten scharf an. Für Projekte müsse er nicht „einige Marodeure“ um Erlaubnis fragen.

Proteste gegen Park-Umgestaltung

Die Protestwelle hatte sich an der gewaltsamen Räumung eines Protestlagers entzündet, mit dem die Zerstörung des Gezi-Parks am Rande des Taksim-Platzes verhindert werden sollte. Inzwischen richtete sie sich vor allem gegen einen als immer autoritärer empfundenen Kurs Erdogans und seiner islamisch-konservativen Partei AKP.

Die Härte der Polizeieinsätze wurde international kritisiert. Im Internet kursierten zahlreiche Videos, auf denen friedliche Demonstranten von der Polizei misshandelt werden. Aktivisten berichteten auch, die Polizei habe auf kurze Distanz Tränengasgranaten auf die Körper der Demonstranten gefeuert und mehrere Menschen schwer verletzt.

EU besorgt über Türkei-Demonstrationen

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton bedauerte den „unverhältnismäßigen Einsatz von Gewalt“ durch die Polizei. Sie forderte in einer am Sonntag verbreiteten Erklärung alle Seiten zur Zurückhaltung auf. „Ein Dialog sollte aufgenommen werden, um eine friedliche Lösung zu finden.“