Geschacher um Billionen

Geschacher um Billionen
(Reuters)

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Ohne Aussicht auf einen raschen Durchbruch haben am Donnerstag in Brüssel die Beratungen der Staats- und Regierungschefs über den EU-Haushalt bis 2020 begonnen.

Frankreichs Präsident François Hollande und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel appellierten an die Flexibilität der Partner: „Jeder wird sicherlich ein Stück weit Kompromisse zeigen müssen“, sagte Merkel. „Europa ist ein Kompromiss“, mahnte auch Hollande. „Ich bin sicher, dass wir mit Deutschland zusammen wie immer Motor bei einer Kompromisssuche sein werden.“

Die Konflikte über die Verteilung von etwa einer Billion Euro an EU-Geldern in den sieben Jahren ab 2014 sind groß und nicht nur der britische Premierminister David Cameron ging mit einer harten Haltung in die Gespräche, die offiziell bis Freitag dauern sollen. Italiens Regierungschef Mario Monti kritisierte die vorliegenden Kürzungsvorschläge und betonte, er könne nicht zustimmen, wenn ein Kompromiss nicht akzeptabel sei. „Bisher wurde Italien unverhältnismäßig bestraft.“ Hollande, dessen Regierung gleichfalls eine harte Position angekündigt hatte, erklärte dagegen: „Ich werde einen Kompromiss suchen und setze keine Ultimaten.“

Langer Weg

Merkel und Hollande gehörten zu den letzten Staats- und Regierungschefs, die EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy am ersten Tag zu Einzelgesprächen empfing, um Kompromisslinien auszuloten. Sein erster Gesprächspartner war Cameron, dessen Sprecher anschließend sagte: „Es war offensichtlich, dass es ein langer Weg sein wird, bevor wir einen Kompromiss haben, der die schwierigen Entscheidungen in den Mitgliedstaaten berücksichtigt.“

Wenn es bei dem zweitägigen Gipfel keine Einigung geben sollte, wird mit einem neuen Treffen der Staats- und Regierungschefs Anfang kommenden Jahres gerechnet. Sollte bis Ende 2013 keine Lösung gelingen, wird es in der EU danach automatisch nur noch jährliche Haushalte statt des siebenjährigen Finanzrahmens geben.

Mehr Wettbewerbsfähigkeit

Die Verhandlungen werden von den Folgen der Finanzkrise überschattet, die fast alle EU-Länder zu einem harten Sparkurs zwingen. Wie Großbritannien sind auch andere Nettozahler-Länder wie Schweden überzeugt, dass der EU-Etat angesichts harter Einsparungen in den nationalen Haushalten nicht steigen dürfe. Sie wollen deshalb weitere Kürzungen an dem Kompromissvorschlag van Rompuys, der ein Volumen von rund 1010 Milliarden Euro für die Zeit bis 2020 vorsieht. „Wir haben neun Nettozahler, die ziemlich viel zum Budget beitragen“, sagte Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt. „Es wäre ein Wert an sich, wenn diese neun Länder zusammenhalten würden.“

Die nördlichen EU-Staaten wollen eine stärkere Ausrichtung auf Forschung und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Die dringend auf EU-Strukturgelder angewiesenen klammen südlichen Euro-Staaten fordern hingegen wie die Kommission und das Europäische Parlament mehr Geld im EU-Topf. Frankreich wiederum möchte vor allem keine Einschnitte bei den Agrarsubventionen, von denen die zweitgrößte Volkswirtschaft der EU überproportional profitiert. Hier drohen Konflikte mit Deutschland: „Die Bundesregierung hat gesagt, dass alle Bereiche beitragen müssen“, hieß es in Berlin.

„Sehr hart“

Auch von Cameron will Merkel Entgegenkommen sehen: „Von Großbritannien wird man am Ende erwarten können, dass sie für einen Gesamtkompromiss einen Beitrag leisten“, hieß es in Regierungskreisen. Cameron bekräftigte, er werde „sehr hart“ für die Bewahrung des Rabatts kämpfen, der dem Land einen milliardenschweren Abschlag von seinen Zahlungen nach Brüssel erlaubt. Solange die Briten ihren Rabatt behalten, beharren Staaten wie Deutschland, die Niederlande oder Österreich ihrerseits auf die Abschläge, die sie auf ihre Beiträge erhalten. Erstmals fordert zudem Dänemark einen Rabatt.