Gaddafi-Regime droht EU-Helfern

Gaddafi-Regime droht EU-Helfern
(AP)

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Noch bevor eine militärisch geschützte EU-Hilfsmission in Libyen überhaupt beschlossen ist, droht das Regime in Tripolis mit Gewalt.

Das Regime des libyschen Machthabers Muammar al-Gaddafi hat damit gedroht, mit Gewalt gegen mögliche Hilfsaktionen der EU für die belagerte Stadt Misurata vorzugehen. Die staatliche Nachrichtenagentur Jana meldete am Dienstag, das Außenministerium habe der EU und dem Weltsicherheitsrat mitgeteilt, dass bewaffnete Zivilisten Widerstand gegen jeden leisten würden, der versuche, sich der Stadt östlich von Tripolis „unter einem humanitären Vorwand“ zu nähern.

Libyscher Oppositionsführer in Luxemburg
Am Rande eines Ministertreffens in Luxemburg werde Mahmud Jibril „informell“ mit den EU-Ressortchefs sprechen, sagte ein Diplomat in Brüssel. Jibril hat bereits an der Londoner Libyen-Konferenz im März teilgenommen und auch US-Außenministerin Hillary Clinton gesprochen. Das Treffen „beim Kaffee“ bedeute nicht, dass die gesamte EU den libyschen Übergangsrat – so wie Frankreich und Italien – als rechtmäßige Regierung Libyens anerkenne, betonte der Diplomat.
dpa

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erklärte, die Europäer seien bereit, den Hilfsorganisationen der Vereinten Nationen mit militärischer Unterstützung zu helfen, Hilfsgüter nach Libyen zu bringen. „Bislang haben sie (die UN) jedoch gesagt, dass dies nicht nötig sei“, fügte sie hinzu.

Heftige Gefechte

Die Aufständischen erklärten, es gebe in Misurata wieder heftige Gefechte zwischen Rebellen und Regierungstruppen. Im Osten drangen die Rebellen nach eigenen Angaben von Adschdabija aus rund 40 Kilometer in Richtung Westen vor. Das libysche Staatsfernsehen meldete, Luftangriffe der Alliierten auf eine Straßensperre außerhalb der Ortschaft Kikla, rund 150 Kilometer südwestlich von Tripolis. Dort seien mehrere Polizisten und Zivilisten ums Leben gekommen. In der Nacht seien „militärische und zivile Ziele“ in Al-Jufra bombardiert worden.

Die Regierungsagentur Jana berichtete unter Berufung auf das Außenministerium, Tripolis werde außer dem Roten Kreuz und dem Roten Halbmond niemandem gestatten, Hilfe in Misurata zu leisten. Regierungschef Al-Baghdadi Al-Mahmudi habe dem Roten Kreuz zudem zugesagt, die Ausreise der restlichen ausländischen Arbeiter aus der Stadt zu ermöglichen.

Kein Trinkwasser

Der Nachrichtensender Al-Arabija berichtete unter Berufung auf Einwohner der von Aufständischen kontrollierten Stadt, seit Beginn des Aufstandes im Februar seien Hunderte von Einwohnern Misuratas aus ihren Häusern verschleppt worden. Misurata wird von den Truppen Gaddafis belagert. Einige der Verschleppten seien in die Hauptstadt Tripolis gebracht worden. Dort habe man sie gezwungen, an den Pro-Gaddafi-Demonstrationen teilzunehmen, die täglich im Fernsehen gezeigt werden. In Misurata gibt es seit Wochen weder Strom noch frisches Trinkwasser.

Die Aufständischen hatten am Montag einen Libyen-Friedensplan der Afrikanischen Union abgelehnt, weil dieser nicht das Abdanken und die Ausreise der Gaddafi-Familie vorsieht. Der Vorsitzende des Übergangsrates in Bengasi, Mustafa Abdul Dschalil, hatte gleichzeitig der internationalen Allianz für den Schutz der libyschen Zivilisten gedankt. Er erklärte: „Wenn diese Allianz nicht eingegriffen hätte, dann hätte uns Muammar al-Gaddafi komplett ausgelöscht.“ Rabia al-Hassan, ein Politologe der Universität von Bengasi sagte, er habe erwartet, dass der Übergangsrat den Plan ablehnen würde. Es sei jedoch ein Problem, dass der Rat keine eigenen Strategien habe: „Der einzige echte Plan, den die Rebellen haben, ist, mit Unterstützung der Nato Geländegewinne zu machen, aber dies war bisher nicht sonderlich erfolgreich.“

Al-Kaida kämpft

Abdulhamid Salim al-Haasi, der Sprecher einer Verbindung der Exil-Opposition in London, sagte am Dienstag der Nachrichtenagentur dpa, seine Bündnis verfüge über sichere Informationen, dass unter den Rebellen in Libyen auch Kämpfer der Terrororganisation Al-Kaida im islamischen Maghreb seien. Diese Terroristen seien Libyer, Algerier, Jemeniten und Marokkaner. Sie kämpften an vorderster Front mit, sagte der Sprecher. Er kritisierte, der Übergangsrat in Bengasi binde die Exil-Opposition nicht genug ein.

Der nach London geflüchtete frühere libysche Außenminister Mussa Kussa warnte vor einem langwierigen Bürgerkrieg in seinem Land. Libyen drohe, ein „neues Somalia“ zu werden, sagte Mussa Kussa im BBC-Fernsehen. Die Einheit Libyens sei für jede Art von Einigung „grundlegend“. Kussa flog am Dienstag von London aus nach Doha, wo er mit Vertretern der Regierung von Katar und libyschen Offiziellen zusammentreffen wollte.

Mussa Kussa gilt als einer der profiliertesten Köpfe des Gaddafi-Regimes. Vor knapp zwei Wochen hatte er sich über Tunesien nach London abgesetzt. Dies gab er am Montag erstmals öffentlich selbst zu. „Ich konnte nicht weitermachen“, sagte er. „Ich weiß, dass mir die Entscheidung zurückzutreten Probleme bereiten wird. Aber ich bin bereit, dieses Opfer zu bringen, um meines Landes Willen“, sagte er. Eine Lösung in Libyen müsse von den Libyern selbst kommen – durch Diskussionen und demokratischen Dialog.