Europäer unter Druck

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(dpa)

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In einer Woche soll eine Lösung für die Euro-Schuldenkrise auf dem Tisch liegen. Das fordern die Top-Wirtschaftsmächte der G-20 von den Europäern. Und die haben das zugesagt. Wie aber Athen gerettet, Banken gestärkt und der EFSF schlagkräftiger werden, bleibt offen.

Die Wiedersehensfreude an dem lauen Oktoberabend in Paris hielt sich in Grenzen. Als die Minister und Notenbankchefs der Top-Wirtschaftsmächte zum Auftakt des G20-Treffens ins Palais de Chaillot schlurften, war vielen das erfolglose Dauer-Krisenmanagement der vergangenen Monate anzumerken. Vor allem den Europäern.

Da half auch das Umfeld in der französischen Hauptstadt – ein Blick vom G20-Arbeitsessen auf den hell erleuchteten Eiffelturm – wenig. Denn eine weitere Marathonverhandlung zur Euro-Schuldenkrise stand bevor. Eine Mitternachtssitzung, in der die Europäer – wie schon seit Monaten – einmal mehr als untätige Schuldensünder am Pranger standen, die die Weltwirtschaft mit nach unten ziehen.

Euroländer zum Epizentrum der Turbulenzen erklärt

Zwar tragen auch die USA und andere G20-Länder eine gehörige Mitschuld am heraufziehenden Konjunkturabsturz. Aber sie und andere Wirtschaftsmächte wie Kanada, Australien, Japan oder China haben die Euro-Länder eben zum „Epizentrum“ der Turbulenzen erklärt.

Erst vor drei Wochen hatte sich die illustre G20-Runde in Washington getroffen. Seither hat sich die Lage in der Euro-Zone weiter verschlechtert. In der nun in Paris mühsam ausgehandelten Abschlusserklärung fassten sich die G-20 zwar kurz, ließen es aber an klaren Worten nicht fehlen: „Wir freuen uns auf das Ergebnis des EU-Gipfels am 23. Oktober, um die aktuellen Herausforderungen mit einem umfassenden Plan entschieden anzugehen.“

„Bis nächsten Sonntag muss geliefert werden“

Weniger diplomatisch als im umständlichen Kommuniqué heißt dies, die Euro-Länder müssten endlich ihr Haus in Ordnung bringen, und zwar richtig. Was auch in Berlin, Paris und Brüssel eingestanden wird. „Bis zum nächsten EU-Gipfel am Sonntag kommender Woche muss geliefert werden“, räumte ein europäischer Unterhändler ein.

Das mit Spannung erwartete umfassende Paket, das bis zum Euro- und EU-Gipfel am 23. Oktober in Brüssel stehen soll, muss nicht nur das Griechenland-Problem lösen. Es geht auch darum, die Schlagkraft des gerade erst erweiterten Euro-Rettungsschirms EFSF nochmals zu erhöhen und die Finanzausstattung von europäischen Banken zu erhöhen, um Ansteckungsgefahren und eine Ausweitung der Krise einzudämmen.

Zwangsweise Rekapitalisierung

Notfalls sollen Geldhäuser auch per zwangsweiser Rekapitalisierung durch Staaten krisenfester gemacht werden – etwa im Falle eines Schuldenschnitts in Griechenland und anderen Euro-Staaten. Auch könnten Banken zu einer größeren Beteiligung an der Rettung des Pleitekandidaten Griechenland verdonnert werden. Sowohl gegen Zwangs-Kapitalisierungen als auch einen höheren Forderungsverzicht bei Athen-Anleihen laufen die deutschen Geldhäuser Sturm. Wie dieses große Anti-Krisen-Paket der Europäer in nur einer Woche geschnürt werden und aussehen soll, ist völlig offen.

Von einem neuen Streit zwischen Paris und Berlin etwa über die Kompetenzen des EFSF bei der Bankenrettung war vorerst keine Rede mehr – zumindest offiziell. Deutschland und Frankreich hätten eine gemeinsame Position, stellte der Berliner Kassenwart klar. Beide Länder zögen an einem Strang, und zwar auch in Detailfragen.

„Sehr offene Aussprache“

Ein gemeinsames Konzept von Deutschen und Franzosen, das auch die anderen Euro-Länder und letztlich alle 27 EU-Staaten überzeugt, dürfte aber alles andere als einfach werden. Zumindest deutete Schäuble dies nach einem Mittagessen mit Präsident Nicolas Sarkozy im Elysée-Palast an. Es habe eine „sehr offene Aussprache“ gegeben.

Zumal Paris unter zusätzlichem Handlungsdruck steht. Denn ausgerechnet während der Beratungen der G20-Ressortchefs senkte die Rating-Agentur Standard& Poor’s wieder den Daumen – diesmal über BNP Paribas, der größten Bank Frankreichs. Aber längst sind auch andere Großinstitute ins Visier der mächtigen Bonitätswächter geraten.

Schwellenländer wenig hilfreich

Wenig hilfreich schien den Europäern denn auch der Vorstoß wichtiger Schwellenländer wie Brasilien und China, die Finanzkraft des Internationalen Währungsfonds (IWF) weiter aufzustocken, um wiederum Euro-Ländern besser helfen zu können. Nach ihren Vorstellungen könnte der Fonds selbst Milliardenkredite an den Finanzmärkten aufnehmen oder Anleihen ausgeben, in die China und andere Länder ihre gigantischen Devisenreserven investieren.

Klingt nach wachsender Solidarität, hat aber auch etwas mit mehr Macht solcher Schwellenländer bei der Finanzfeuerwehr IWF zu tun. Denn wer Geld gibt, hat auch das Sagen. So haben nicht nur die Europäer dankend abgewunken, sondern auch die USA und andere westliche Industrienationen. Die Europäer müssten die Probleme schon selbst lösen, hieß es einhellig.