Eklat in der Eurogruppe

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Familienkrach im Kopenhagener Konferenzzentrum: Eurogruppenchef Juncker sagt seine Pressekonferenz ab, weil die Wiener Kollegin zu viel plaudert. Die Stimmung ist schlecht. Dabei muss doch ein Nachfolger für Vollprofi Juncker gefunden werden.

Es sollte ein Moment der Eintracht und Geschlossenheit sein. Doch stattdessen gab es den großen Krach: Die österreichische Finanzministerin Maria Fekter plauderte mit den Medien und enthüllte dabei, dass sich die Eurogruppe auf eine erhöhte „Brandmauer“ gegen die Schuldenkrise von mehr als 800 Milliarden Euro geeinigt hatte.

Jean-Claude Juncker als Chef der Ministerrunde erhielt die Nachricht in der noch laufenden Sitzung. Der dienstälteste EU-Regierungschef aus Luxemburg war aufgebracht. Er sagte seine Pressekonferenz ab – ein Eklat. Zumal die Eurostaaten ein starkes politisches Signal an die nervösen Finanzmärkte geben wollten.

Verbale Disziplin

Mit seinem ungewöhnlichen Schritt wollte der Christdemokrat mehr verbale Disziplin erzwingen. „Man kritisiert die Kommunikation der Eurozone“, sagte der luxemburgische Premier der französischen Tageszeitung „Le Monde“ (Samstag). „Ich wollte das Geschwätz beenden.“ Fekter entschuldigte sich später bei dem streitbaren Eurogruppenchef, dessen Mandat bereits Ende Juni ausläuft.

Die Öffentlichkeit bekam auch kein Wort von „Super-Mario“ Draghi zu hören, der eigentlich mit Juncker auf dem Podium sitzen sollte. Diplomaten sahen den hageren Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) durch endlose Gänge des Kopenhagener Konferenzzentrums streifen.

Draghi – der eigentliche Retter des Euro?

Kein glanzvoller Auftritt für den früheren Goldman-Sachs-Manager also. Er flutete europäische Geldhäuser mit gigantischen Krediten von insgesamt rund einer Billion Euro – und sorgte damit auch für Entspannung an den lange angespannten Märkten für Staatsanleihen. Experten sehen Draghi als eigentlichen Retter des Euro an.

Über eine Billion Euro sollte nach Ansicht Frankreichs und anderer Partner auch der neue Rettungsschirm für klamme Eurostaaten ESM verfügen – doch die „große Lösung“ gab es nicht. Dafür rechneten sich die Euroländer ihren Kompromiss einfach schön. 800 Milliarden Euro „Brandmauer“ entsprächen ja rund einer Billion US-Dollar, heißt es lapidar in der Abschlusserklärung. Auch diese Währungsrechnerei in offiziellen Dokumenten ist ein Novum.

Besetzung von EU-Spitzenposten verschoben

Bei einem wichtigen Punkt kamen die mächtigen Kassenhüter überhaupt nicht weiter: die Neubesetzung von EU-Spitzenposten. Frankreichs Finanzminister François Baroin trat wegen der nahenden Präsidentenwahlen in der Heimat auf die Bremse. Also herrscht weiter Unklarheit darüber, ob Schäuble Juncker auf dem Eurogruppenposten beerben wird, wie dies Kanzlerin Angela Merkel wünscht.

Auch die Neubesetzung eines Direktoriumsposten im Hause Draghi blieb ungelöst. Juncker schickt für den EZB-Prestigeposten seinen Notenbankchef Yves Mersch ins Rennen. Fazit von Experten nach der mehrstündigen Sitzung: Die Schuldenkrise macht eine Pause, und die Kassenhüter fallen in alte Streitmuster zurück.