Die trüben Quellen des künftigen Präsidenten

Die trüben Quellen des künftigen Präsidenten
(AFP/Saul Loeb)

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Donald Trump ist offenbar ein guter Freund von Alex Jones. Auf seiner Website "Infowars" verbreitet der Verschwörungstheorien und behauptet bis zu fünf Millionen Menschen zu erreichen.

Einen vermeintlichen millionenfachen Wahlbetrug hat Donald Trump angeprangert – trotz seines Wahlsiegs will sich der designierte US-Präsident nicht damit abfinden, dass er nur im entscheidenden Wahlleute-Kollegium, nicht aber im landesweiten Auszählungsergebnis die Mehrheit errungen hat. Seine Behauptung, es habe massive Manipulationen zugunsten seiner Rivalin Hillary Clinton gegeben, hat für großes Befremden unter Kommentatoren und Experten gesorgt.

Denn konkrete Anhaltspunkte gibt es dafür nicht. Schnell ausgemacht war allerdings die Quelle, aus welcher Trump seine Anschuldigung offensichtlich bezog: Es ist die auf wilde Verschwörungstheorien spezialisierte Website „Infowars“, die der designierte Präsident allem Anschein nach regelmäßig konsultiert. Dort war vor zwei Wochen zu lesen, dass bei der Wahl mutmaßlich drei Millionen Einwanderer ohne Aufenthaltsrecht illegal abgestimmt hätten, und dies praktisch durchweg für Clinton.

Fünf Millionen Menschen

„Infowars“ wird von Alex Jones betrieben, einem rechtsgerichteten Provokateur, der auch als Moderator einer Radioshow auftritt. Der 42-Jährige mit der grollend-heiseren Stimme schwelgt in den absurdesten Verschwörungsfantasien und düstersten Bedrohungsszenarien. Einige seiner Lieblingsstorys: Die US-Regierung war in die Anschläge vom 11. September 2001 verwickelt; das Schulattentat von Newtown hat sich nicht ereignet, es wurde vorgetäuscht, um eine Verschärfung des Waffenrechts durchzusetzen; Obstsaftboxen sind mit Chemikalien durchsetzt, die Jungen schwul werden lassen.

Wie groß Jones‘ Publikum ist, lässt sich schwer überprüfen. Er selber behauptet laut einem Bericht der „Washington Post“, allein mit seinem Radioprogramm fünf Millionen Menschen zu erreichen. Im Wahlkampf nutzte Jones seinen Einfluss, um Trump zu unterstützen. Er dämonisierte Hillary Clinton und Barack Obama und verkündete dabei, dass diese „nach Schwefel“ stänken – worüber sich der scheidende Präsident in einem Wahlkampfauftritt lustig machte, indem er an seiner Hand schnüffelte.

Mit Putin klarkommen

Jones verbreitete auch das üble Gerücht, dass Hillary Clinton an einem Hirntumor leide und mit Drogen für den Wahlkampf aufgepumpt werde. Trump scheint Jones zu schätzen. Unmittelbar nach seinem Wahlsieg soll er ihn angerufen haben. Er habe sich „dafür bedankt, dass ich so hart für die Amerikaner gekämpft habe“, berichtete Jones der „New York Times“. Eine Bestätigung dieses Telefonats durch das Trump-Team gab es der Zeitung zufolge nicht. Vor einem Jahr hatte der Republikaner dem Radiotalker sogar ein halbstündiges Interview gegeben.

Darin ging es unter anderem um Wladimir Putin. „Warum fangen wir einen Kampf mit Russland an, wenn es uns nichts getan hat?“, lautete die Frage. Trumps Antwort: Mit dem russischen Staatschef, einem „zähen und schlauen“ Mann, werde er sicherlich klarkommen. Es gibt zahlreiche Indizien dafür, dass Jones den Wahlkampf des rechtspopulistischen Immobilienmoguls inspiriert hat. Wie der Radiotalker warnte Trump, dass Impfstoffe Autismus verursachten – eine Behauptung, die Wissenschaftlern die Haare zu Berge stehen lässt.

Weitere Sorgen

Wie der Radiotalker verbreitete Trump auch die Falschbehauptung, Muslime in den USA hätten nach den 9/11-Anschlägen gefeiert. Und Trump sprach auch davon, dass Hillary Clinton bei einer der TV-Debatten womöglich unter der Wirkung starker Medikamente gestanden habe. Der gewählte Präsident hat bereits mit der Ernennung von Stephen Bannon, dem bisherigen Chef der ultrakonservativen und ebenfalls auf Verschwörungstheorien spezialisierten „Breitbart“-Website, bei vielen für Entsetzen gesorgt.

Seine nun durch den Vorwurf der massiven Wahlfälschung erneut zutage tretende Affinität zu „Infowars“ dürfte die Sorgen weiter wachsen lassen. Wenn es aber nach dem langjährigen Trump-Vertrauten Roger Stone geht, sollte Jones vom gewählten Präsidenten weiterhin ernst genommen werden. Dieser erreiche Millionen von Menschen – und dies seien „die Fußsoldaten der Trump-Revolution“, sagte Stone der „New York Times“.