Der Kongo vor der Wahl

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(dpa-Archiv)

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Im Kongo wird am Montag gewählt - es ist erst die zweite demokratische Abstimmung seit der Unabhängigkeit von Belgien 1960. Vieles in dem Riesenland liegt im Argen. Ein Rückfall in einen Bürgerkrieg wird nicht ausgeschlossen.

Der Kongo ist ein Land mit unermesslichen Bodenschätzen – und siecht dennoch als einer der ärmsten Staaten der Welt dahin. Der Kongo ist ein Land, in dem fast jede Minute eine Frau vergewaltigt wird und in dem es auch acht Jahre nach dem Ende eines blutigen Bürgerkriegs immer noch eine der weltweit höchsten Zahlen an Kindersoldaten gibt. Der Kongo ist auch ein Land, in dem die Politbonzen im Luxus leben, in krassem Gegensatz zum Elend des Großteils der Bevölkerung. Und dennoch macht sich Joseph Kabila Hoffnung, bei den Präsidenten- und Parlamentswahlen am Montag als Staatschef bestätigt zu werden.

Der 40-Jährige hält seit dem tödlichen Attentat auf seinen Vater Laurent-Désiré Kabila 2001 die Zügel in der ehemaligen belgischen Kolonie in der Hand. Die Beliebtheit, die er anfangs genoss, ist allerdings stark geschrumpft. Deshalb hat er gründlich vorgesorgt. „Kabila hat viel getan, um diese Wahlen problemlos zu gewinnen, darunter vor allem die Änderung der Verfassung im Januar“, sagt Donatella Rostagno, die in Kinshasa für das Europäische Netzwerk für Zentralafrika (EurAc) die Wahl beobachtet, der Nachrichtenagentur dpa. Im Klartext: Einem Kandidaten genügt nun die einfache Mehrheit für den Sieg. Eine Stichwahl gibt es nicht mehr.

Präsidentschaftskandidaten

Unter den zehn Gegenkandidaten ist der 78-jährige Etienne Tshisekedi, der bereits unter Diktator Mobutu mehrmals Ministerpräsident war – zu einer Zeit, als die heutige Demokratische Republik Kongo noch Zaire hieß. Allerdings soll der Mann nicht mehr bei bester Gesundheit sein. Viele zweifelten auch an seinem Gemütszustand, als er sich kürzlich bereits zum Präsidenten ausrief und den Urnengang für überflüssig erklärte. Dennoch – vor allem im Westkongo hat Tshisekedi viele Anhänger.

Weitere Oppositionspolitiker, die sich Chancen auf den Sieg ausrechnen, sind der frühere Präsident des Abgeordnetenhauses und ehemalige Informationsminister, Vital Kamerhe (52), der im Osten des Landes große Beliebtheit genießt, und Senatspräsident Léon Kengo Wa Dondo (76). Ein erneuter Triumph Kabilas ist also nicht so sicher, wie seine Anhänger glauben möchten, betont Paul Nsapu, Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation FIDH: „Wenn es nicht zu einem Riesen-Betrug kommt, dann ist sein Sieg bisher nicht garantiert.“

Demokratische Wahlen

Seit der Unabhängigkeit von Belgien 1960 sind dies erst die zweiten demokratischen Wahlen. Vieles liegt im Argen, Korruption ist weit verbreitet, und immer wieder aufflammende Gewaltausbrüche nähren die Befürchtung, dass die Gewalt nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses am 6. Dezember eskalieren könnte. „Wir machen uns Sorgen, dass das Land wieder in einen Bürgerkrieg zurückfallen könnte, wenn die internationale Gemeinschaft sich nicht stärker engagiert“, warnt Ekkehard Forberg, Friedensexperte der Hilfsorganisation Word Vision.

Ein weiteres Problem bei der Wahl ist die enorme Zahl an Kandidaten, die sich für Sitze im Parlament angemeldet haben. 18 000 echte oder selbst ernannte Politiker bewerben sich um 500 Mandate. Die Wahlzettel sind meterlang. Allein in Goma im Ostkongo stehen 280 Kandidaten auf der Liste, aber nur fünf Plätze sind zu vergeben.

Verwirrende Wahlzettel

„Die Wahlzettel sind 56 Seiten stark, und das sorgt natürlich für Konfusion“, erklärt Rostagno. Zudem sind viele der 62 000 Wahllokale in dem riesigen Land von der Größe ganz Westeuropas für die Landbevölkerung nur schwer zu erreichen. „In manchen Fällen müssen die Leute kilometerlang laufen, um das nächste Stimmlokal zu erreichen, und manche werden nicht in der Lage sein, überhaupt zu wählen.“

Der Ausgang der Wahl und seine Konsequenzen sind also überhaupt noch nicht abzusehen. Dennoch wollen Experten an eine bessere Zukunft für die Demokratische Republik Kongo glauben. Aber dafür wäre ein grundlegender Wandel nötig. Der Kongo-Experte der International Crisis Group, Marc-Andre Lagrange, bringt es auf den Punkt: „Es gibt Hoffnung, dass es im Kongo irgendwann Frieden geben wird. Und diese Wahlen sind ein Schritt in diese Richtung.“