Behörden wussten seit langem Bescheid

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Der US-Geheimdienst spionierte seit Jahrzehnten die Verbündeten aus. Deutsche Geheimdienstchefs bestätigen, dass sie NSA-Spysoftware testen.

Das deutsche Bundesinnenministerium weiß nach einem Bericht des Magazins „Focus“ bereits seit über 20 Jahren, dass die NSA Deutschland großflächig ausspioniert. Im Juli 1992 habe das Ministerium hoch geheime Akten der Stasi-Unterlagen-Behörde eingezogen, schreibt das Nachrichtenmagazin. Aus den mehr als 13 000 originalen NSA-Dokumenten sei unter anderem hervorgegangen, wie der US-Geheimdienst in den 70er Jahren das Bundeskanzleramt und deutsche Unternehmen wie Siemens überwachte. Auch detaillierte Beschreibungen eines Hochleistungs-Abhör-Systems hätten sich in den Dossiers befunden. Wie großflächig die NSA bereits Ende der 80er Jahre arbeitete, zeige auch, dass sie direkten Zugriff auf alle Einwohnermelderegister der Bundesrepublik hatte.

Die DDR-Staatssicherheit hatte die Papier dem Bericht zufolge vor allem mit Hilfe eines US-Unteroffiziers abgeschöpft. Die damalige Gauck-Behörde lieferte die Originale an das Innenministerium, das sie US-Behörden übergab. Zurück blieb lediglich ein 14-seitiges geheimes Übergabeprotokoll, das dem „Focus“ nach dessen Angaben vorliegt. Das Innenministerium bestätigte, es habe 1992 „Unterlagen die NSA betreffend“ von der Stasi-Unterlagen-Behörde erhalten. Hintergrund und Verbleib der Akten würden noch überprüft.

Mit XKeyscore die Bürger ausspioniert

„Der Spiegel“ berichtete seinerseits am Wochenende, die Zusammenarbeit deutscher und US-amerikanischer Geheimdienste beim Ausspähen von Daten sei enger als bislang bekannt. Der deutsche Auslandsgeheimdienst BND und das im Inland operierende Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) setzen eine Spähsoftware der amerikanischen NSA ein, schreibt das Nachrichtenmagazin. Dies gehe aus geheimen Unterlagen der National Security Agency (NSA) hervor, die der „Spiegel“ einsehen konnte.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz wurde den Dokumenten zufolge vor allem deshalb mit dem Programm namens „XKeyscore“ ausgerüstet, „um dessen Fähigkeiten auszubauen, die NSA bei der gemeinsamen Terrorbekämpfung zu unterstützen“. Der Bundesnachrichtendienst solle den Inlandsgeheimdienst im Umgang damit unterweisen, heißt es in den Papieren.

Welche Stichworte interessierten den Ausspionierten

Das System sei einer internen NSA-Präsentation vom Februar 2008 zufolge ein ergiebiges Spionagewerkzeug, heißt es in dem Bericht weiter. Ausgehend von Verbindungsdaten („Metadaten“) lasse sich darüber den Unterlagen zufolge beispielsweise rückwirkend sichtbar machen, welche Stichworte Zielpersonen in Suchmaschinen eingegeben haben. Zudem sei das System in der Lage, für mehrere Tage einen „full take“ aller ungefilterten Daten aufzunehmen – also neben den Verbindungsdaten auch zumindest teilweise Kommunikationsinhalte.

Aus den Dokumenten gehe ferner hervor, dass sich die Zusammenarbeit deutscher Dienste mit der NSA zuletzt intensiviert habe. In Afghanistan, heißt es dem Bericht zufolge an anderer Stelle in den Papieren, sei der BND in Sachen Informationsbeschaffung sogar „fleißigster Partner“.

Geheimdienstchefs: Testen NSA-Software

Die deutschen Geheimdienstchefs haben am Sonntag den „Spiegel“-Bericht über die enge Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA zurückgewiesen. Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen sagte der „Bild am Sonntag“, sein Amt teste eine von der NSA zur Verfügung gestellte Software, setze sie aber derzeit nicht ein.

Über eine Kooperation zwischen dem US-Geheimdienst NSA und dem Luxemburger SREL ist vorerst nichts bekannt. Premierminister Jean-Claude Juncker und politischer SREL-Chef hatte vor zwei Wochen in einem Radiointerview gesagt, ihm lägen keine Informationen über derlei Zusammenarbeit vor.