Skandal um Kölner U-Bahn-Bau weitet sich aus

Skandal um Kölner U-Bahn-Bau weitet sich aus

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Im Skandal um den Kölner U-Bahn-Bau besteht nach Informationen des "Kölner Stadt-Anzeigers" jetzt ein Verdacht auf organisierten Betrug.

Mittlerweile seien falsche Vermessungsprotokolle für 28 Schlitzwand-Lamellen der drei Baugruben Waidmarkt, Heumarkt und Rathaus entdeckt worden. Ein an den Ermittlungen beteiligter Insider sagte dem Blatt: „Wir gehen davon aus, dass es noch deutlich mehr sein können. Für uns sieht das nach einer systematischen Fälschung aus.“ Oberbürgermeister Jürgen Roters forderte den Baukonzern Bilfinger Berger zu einer Stellungnahme auf.

Die Bauarbeiten an der U-Bahn gelten als Ursache für den Einsturz des Kölner Stadtarchivs am 3. März 2009. Bei den nun aufgetauchten zahlreichen weiteren verfälschten Vermessungsprotokollen anderer Lamellen sei mittlerweile nahezu auszuschließen, dass es sich dabei um ein bloßes Versehen handeln könne, sagte der nicht näher benannte Insider der Zeitung zufolge. Denn die rechtlich vorgeschriebenen Werte, die die Beschaffenheit des jeweiligen Wandabschnitts wie ein Fingerabdruck dokumentieren müssten, seien nicht nur vertauscht, sondern offensichtlich gezielt manipuliert worden.

„Die Werte von Lamellen, die lediglich 2,80 Meter breit sind, wurden auf 3,60 Meter breite Lamellen übertragen und zuvor rechnerisch angepasst“, zitierte das Blatt den Insider. Ursprünglich war lediglich eine Schlitzwand-Lamelle der U-Bahn-Grube Waidmarkt ins Blickfeld der Ermittlungen geraten. Die Gutachter der Staatsanwaltschaft vermuten laut „Stadt-Anzeiger“ ein Loch in diesem 3,40 Meter breiten Abschnitt der Baustellen-Außenwand, durch das Grundwasser in die Grube strömte, was am 3. März 2009 zum Einsturz des Kölner Stadtarchivs geführt haben könnte.

„Täglich wächst die Angst“

Oberbürgermeister Jürgen Roters forderte den Bilfinger-Berger-Vorstandsvorsitzenden Herbert Bodner in einem Schreiben zu einer Stellungnahme auf. Die Verunsicherung der Bevölkerung über die Sicherheitssituation an den Haltestellenbauwerken nehme „angesichts der Meldungen über Unregelmäßigkeiten laufend weiter zu“. „Täglich wächst die Angst, weil immer neue Mängel bei der Bauausführung bekanntwerden“, schrieb Roters.

Angesichts dieser Situation seien die Äußerungen von Bodner zu den offensichtlich gefälschten Protokollen von Messdaten für Schlitzwände auch bei ihm persönlich auf Unverständnis gestoßen, schrieb Roters weiter: „Sie erklärten gegenüber Medienvertretern, dass bei der Erstellung der Computerprotokolle ,vielleicht aus Software-Unverständnis‘ Fehler gemacht worden seien. Möglicherweise habe das ,relativ komplizierte Verfahren den einen oder anderen überfordert‘.“ Bei einem sicherheitsrelevanten Bauvorhaben wie der Nord-Süd Stadtbahn Köln erwarte er aber einen anderen Umgang mit Messergebnissen sowie Mitarbeiter, „die die zur Anwendung kommenden Techniken auch bedienen können“, schrieb Roters.

Betrugsverfahren laufen

Die Staatsanwaltschaft Köln hatte Ende Januar bereits gegen zwei Bauverantwortliche ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs und Unterschlagung eingeleitet. Sie sollen auf Weisung eines Poliers Eisenbügel gestohlen und an einen Schrotthändler verkauft haben, statt sie in die Außenwände des Bahn-Schachts nahe des Historischen Stadtarchivs einzubauen. Als Ursache für den Einsturz des Gebäudes gilt dies nach Angaben der Ermittler aber nicht.