Keine Einigung auf neue Arbeitszeitrichtlinie

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Nach fünf Jahren sind in der Nacht zum Dienstag die Verhandlungen zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat über eine Neuregelung der Arbeitszeiten in der Europäischen Union gescheitert./ Guy Kemp

Auch im sogenannten Schlichtungsverfahren konnten die vom Europäischen Parlament (EP) und dem Rat vertretenen gegensätzlichen Positionen nicht überwunden werden. Und so scheiterte erstmalig die Suche nach einer Lösung in einem festgefahrenen Gesetzgebungsprozess seit dem Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrages am 1. Mai 1999.
Im vergangenen Dezember hatte das EP noch einmal seine Haltung in einigen der Hauptstreitpunkte bei der Erneuerung der Arbeitszeitrichtlinie betont. Vor allem das sogenannte „opt-out“, eine Ausnahmeregelung für eine Verlängerung der maximalen Wochenarbeitszeit, sollte abgeschafft werden, befanden die EU-Parlamentarier. Und stemmten sich damit gegen die Forderung des Ministerrates, der sich im Juni 2008 dafür aussprach, die maximale Wochenarbeitszeit zwar bei 48 Stunden zu belassen. Allerdings sollte weiterhin die Möglichkeit bestehen bleiben, in Ausnahmefällen die Wochenarbeitszeit zu verlängern. Bis zu 60 Stunden die Woche oder, im Rahmen von Bereitschaftsdiensten, 65 Stunden.
In der derzeit geltenden Arbeitszeitrichtlinie ist diese Ausnahmeregelung bereits vorgesehen, weshalb Arbeitszeiten bis zu 78 Wochenstunden möglich sind. Das „opt-out“ wird bereits in 15 der 27 EU-Staaten unter anderem im medizinischen Bereich angewandt.
Vor allem Großbritannien und Deutschland hielten an der Forderungen der Beibehaltung der „opt-out“-Regelung fest. Im Ministerrat hatten lediglich Belgien, Griechenland, Spanien, Ungarn und Zypern den gemeinsamen Standpunkt nicht mitgetragen und sich der Stimme enthalten, während der luxemburgische Arbeitsminister François Biltgen die Position des Rates unterstützt hatte.
Ein anderer strittiger Punkt war der Bereitschaftsdienst. In mehreren Urteilen hatte der Europäische Gerichtshof festgehalten, dass der Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit zu bewerten sei. Dadurch wurde eine Überarbeitung der Arbeitszeitrichtlinie erst nötig. Während die EU-Parlamentarier an den Vorgaben des EuGH festhielten, wollte der Rat zwischen aktivem und inaktivem Bereitschaftsdienst unterscheiden und nur ersteren als Arbeitszeit gelten lassen.

Alte Regelungbleibt in Kraft

Der amtierende EU-Ratsvorsitzende und tschechische Arbeitsminister Petr Necas sagte laut Mitteilung des Ratsvorsitzes, die EP-Abgeordneten seien wegen den bevorstehenden Wahlen nicht bereit gewesen, die Situation der Arbeitnehmer zu verbessern und gleichzeitig zu einem flexibleren Arbeitsmarkt beizutragen. Wegen der unnachgiebigen Haltung der Parlamentarier würden jetzt noch mehr EU-Mitgliedstaaten von der „opt-out“-Regelung Gebrauch machen. Der Berichterstatter im EP, der spanische SPE-Abgeordnete Alejandro Cercas, meinte laut Mitteilung des EP, dass eine schlechte Einigung die Situation der Arbeitnehmer im Allgemeinen und jene der Ärzte im Besonderen noch verschlechtert hätte. Jetzt sei für die Zukunft noch alles offen. Damit bleibt die alte Arbeitszeitrichtlinie vorerst in Kraft und die kommende Kommission wird einen neuen Vorschlag vorlegen müssen. Denn zumindest die Frage der Bereitschaftsdienste bedarf einer Regelung. Es darf aber bezweifelt werden, dass sich an den grundsätzlichen Positionen etwas ändern wird.