Hunderttausende bei „Woodstock“

Hunderttausende bei „Woodstock“

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Was für ein Wandel: Auf einem früheren Truppenübungsplatz tanzen und feiern Hunderttausende drei Tage lang friedlich bei dem Musikfestival "Haltestelle Woodstock". Dieses Mal kommen so viele Besucher wie noch nie.

Schlammbäder, Sonnenschein und jede Menge Musik: Hunderttausende Menschen haben beim 17. Festival „Haltestelle Woodstock“ im polnischen Kostrzyn (Küstrin) drei Tage lang friedlich gefeiert. Die Veranstalter meldeten einen Besucherrekord: Mit rund einer halben Million Menschen seien so viele wie noch nie auf den ehemaligen Truppenübungsplatz an die deutsch-polnische Grenze gekommen. „Es war rappelvoll“, sagte am Sonntag der Vorsitzende der Seelower Kindervereinigung, Uwe Hädicke. Die Organisation ist die deutsche Partnerin der polnischen Veranstalter.

Bürgermeister Andrzej Kunt habe am Sonntag sogar von etwa 700 000 Besuchern gesprochen, berichtete Hädicke. Die Sicherheitsmaßnahmen hätten verstärkt werden müssen, „um dem Massenansturm Herr zu werden“. So seien etwa zusätzliche Absperrgitter aufgestellt worden, um die Menschenströme zu kanalisieren. Außerdem habe die Feuerwehr Wasser in die Menge gespritzt, um für Abkühlung zu sorgen.

Größtes Open-Air-Festival

Das Festival, das auf polnisch „Przystanek Woodstock“ heißt, gilt als das größte nichtkommerzielle Open-Air-Festival Europas – Eintritt müssen die Musikfans nicht zahlen. Dafür bekommen sie Rock, Punk, Soulmusik und eine bunte Mischung aus polnischen und internationalen Bands geboten. In der Nacht zum Sonntag ging das Festival mit einem Auftritt der Elektro-Punk-Band The Prodigy zu Ende. Es sind aber nicht nur bekannte Gruppen, die auf der Bühne stehen. In diesem Jahr waren zum Beispiel auch Kinder und Jugendliche dabei, die ein Rockmusical aufführten, wie Hädicke betonte.

Wie in jedem Jahr pilgerten junge Polen und auch zahlreiche Deutsche nach Kostrzyn. Sie campierten auf dem Gelände, ein Meer aus bunten Zelten zeugte vom Andrang. Einige Besucher kamen verkleidet, manche waren dagegen nur spärlich bekleidet – um etwa eines der beliebten Schlammbäder auszukosten, das es trotz Sonnenscheins gab. Denn die Feuerwehr habe mit Wasser nachgeholfen, sagte Hädicke. Die «Haltestelle» ist nach dem legendären „Woodstock“-Festival 1969 in den USA benannt.

Von Donnerstag bis Samstag

Zum ersten Mal sei das Festival in Kostrzyn nicht von Freitag bis Sonntag, sondern von Donnerstag bis Samstag über die Bühne gegangen. Auch diese Zeitplanung mit einem Abreisetag am Sonntag habe zu der hohen Besucherzahl beigetragen, meinte Hädicke. Mehr als 30 Bands und Musiker spielten – niemand nahm eine Gage. Nur die Reisekosten seien mit Hilfe von Sponsorengeldern erstattet worden, hieß es.

Auf dem Gelände galten strikte Regeln: Alkohol und Drogen waren verboten, für die Sicherheit sorgten die Polizei und rund 1000 Freiwillige. Es gab nicht nur Musik, sondern auch Workshops und andere Veranstaltungen. In diesem Jahr hätten die Jugendlichen zum Beispiel über das Thema Energie nach dem Atomunglück im japanischen Fukushima, über alternative Lebensformen und Ernährung diskutiert. Auch seien Priester auf dem Gelände unterwegs gewesen, sagte Hädicke.

Ursprünglich ein Dankeschön

Die polnische „Woodstock“-Version ist ursprünglich eine Dankeschön-Aktion der Warschauer Stiftung „Großes Orchester der Weihnachtshilfe“ für tausende freiwillige Helfer, die jedes Jahr in Polen eine Spendensammlung für Kinderkrankenhäuser unterstützen. In diesem Jahr seien umgerechnet neun Millionen Euro zusammengekommen, sagte Hädicke.

Im vergangenen Jahr waren kurz nach dem Unglück bei der Duisburger Loveparade mit 21 Toten rund 200 000 Besucher zum Festival gekommen, 2009 waren es etwa 400 000. Kostrzyn in unmittelbarer Nähe des Oderbruchs liegt etwa eine Autostunde nordöstlich von Berlin.