Ausbau in elf Jahren oder gar nicht

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Schlechte Nachrichten aus Lothringen: Die Erweiterung der Autobahn nach Thionville und Metz auf jeweils drei Spuren wird frühestens in zehn Jahren beendet sein. Möglicherweise kommt er aber auch gar nicht.

Der Wirtschafts- und Sozialrat Lothringens hat am Donnerstag in Metz die Alarmglocken geläutet. Der Grund: Der Ausbau der Autobahn 31 steht auf der Kippe. Präsident Roger Cayzelle: „Die Regierung hat zwar im vergangenen Jahr grundsätzlich beschlossen, dass die Autobahn A31 zwischen Toul und Nancy und zwischen Thionville und Luxemburg dreispurig ausgebaut werden soll, aber seitdem hat sich nichts getan. Kein gewählter Volksvertreter kümmert sich um das Thema. Wenn wir nicht in diesem Jahr noch mit den Formalitäten beginnen, wird die Autobahn möglicherweise gar nicht mehr ausgebaut. Wenn wir jetzt beginnen, können wir möglicherweise hoffen, dass der Ausbau im Jahre 2025 beendet ist.“

Cayzelle fordert, dass der Präfekt in Metz, Nacer Meddah, sich an die Nationale Kommission für Anhörungen wendet und eine öffentliche Anhörung zum Ausbau der Autobahn vorschlägt. Cayzelle fordert weiter, dass der Präsident der Region Lothringen, Jean-Pierre Masseret, sich an die Spitze einer Bewegung setzt, die den Ausbau der Autobahn vorantreibt. Masseret hält sich derzeit bei dem Thema des Ausbaus der Autobahn sehr bedeckt und äußert sich nicht.

„Wenn wir jetzt mit den Formalitäten zur öffentlichen Anhörung beginnen, dann kann sie Ende des Jahres beendet sein. Die Schlussfolgerungen können im kommenden Jahr gezogen werden, und im kommenden Jahr kann auch der Grundsatzbeschluss zum Bau gefasst werden. Unter Berücksichtigung aller weiteren Prozeduren kann die Autobahn möglicherweise 2025 befahren werden. Jede weitere Verzögerung bedeutet wegen der komplizierten Verfahrensweisen eine Verzögerung um ein Jahr. Das heißt, dass irgendwann die Autobahn einfach nicht weiter ausgebaut wird“, sagt Cayzelle.

100.000 Autos pro Tag

Der Vizepräsident des Wirtschafts- und Sozialrates, Jean Claude Thomas, wehrt sich dagegen, schon heute die hohen Kosten für den Ausbau zu diskutieren. „Wir müssen zunächst den grundsätzlichen Beschluss herstellen, danach können wir uns über die Finanzierung unterhalten.“
Die Notwendigket zum Ausbau der Autobahn sei von den Fakten her unbestritten. Thomas: „Die Autobahn wird pro Tag von 100.000 Autos befahren. Davon sind 8.000 bis 12. 000 Lastwagen. In den vergangenen 15 Jahren hat es eine Steigerungsrate des Verkehrs von 30 Prozent gegeben. Im Norden von Thionville (Richtung Luxemburg) gibt es ein Plus von 52 Prozent. Der lokale Verkehr (Grenzgänger) liegt bei 60 Prozent. Der Transitverkehr bei 40 Prozent.“ Bei den Lastwagen überschreitet der Transitverkehr die 50 Prozent. Ganz abgesehen davon, dass auch die Landstraßen Richtung Luxemburg rechts und links der Autobahn jeden Morgen verstopft sind. Aber das will er lieber nicht auch noch thematisieren. Er befürchtet, dass die Diskussion dadurch so kompliziert wird, dass die Autobahn-Erweiterung untergeht. Die anstehenden Kommunal- und Europawahlen sieht Cayzelle nicht als einen Hinderungsgrund an, nun endlich mit der öffentlichen Anhörung zum Autobahnbau zu beginnen.

Grenzgänger als wesentliche wirtschaftliche Komponente

Die Grenzgänger sind für Lothringen eine wesentliche wirtschaftliche Komponente geworden. Im Jahre 2012 arbeiteten 77.000 Lothringer in Luxemburg. Thomas rechnet mit 100.000 lothringischen Grenzgängern im Jahre 2025, wenn die Erweiterung möglicherweise fertig ist.

Für den gerade wiedergewählten Präsidenten des Rates, Roger Cayzelle, ist der Ausbau der Autobahn unverzichtbar. „Auf der Eisenbahn ist der Verkehr ausgeschöpft. Mehr Züge als heute kann der Bahnhof von Luxemburg nicht mehr verkraften. Fahrgemeinschaften und Busse bringen letztlich nichts, weil die Autos dann doch im Stau stehen. Wir brauchen also den Ausbau, damit Busse und Fahrgemeinschaften auf der rechten Spur ungehindert fahren können.“

Die Kosten des Ausbaus werden mit Stand 2013 auf 1,4 Milliarden Euro beziffert. Vizepräsident Jean-Claude Thomas: Der beste Weg wäre, der Staat zahlt alles. Eine zweite Möglichkeit läge darin, die Städte und Gemeinden zur Finanzierung heranzuziehen. Oder aber man baut Zahlstellen ein.“ Thomas ließ keinen Zweifel daran, dass es in der Finanzierung wohl eine Mischung aus allen drei Möglichkeiten geben wird. Der Staat hat nicht die Mittel, um 1,4 Milliarden Euro in das Projekt zu stecken“.

„Luxemburg profitiert von den Grenzgängern“

Der Ausbau der Autobahn ist nicht unumstritten. In der Journalistendiskussion wurden Stimmen laut, die anzweifelten, dass ein Ausbau „nur zum Wohle der Grenzgänger“ nötig sei. Andererseits wurde darauf verwiesen, dass Luxemburg sich am Ausbau beteiligen könne und seinen Bahnhof ausbauen solle. Denn: „Luxemburg profitiert von den Grenzgängern“. Cayzelle und Thomas beteiligten sich an der Diskussion nicht. Sie ließen die Meinungen im Raum stehen.

Der Wirtschafts- und Sozialrat ist Beratungsgremium. Er hat keine Entscheidungsgewalt. Cayzelle ist aber fest entschlossen, das Thema jetzt in die Öffentlichkeit zu tragen und Druck auszuüben. Am Donnerstag Morgen hatte er ein Gespräch mit dem Präsidenten der Region, Jean-Pierre Masseret, um ihn für das Thema zu motivieren. Der Präfekt – davon ist Cayzelle überzeugt – wird nicht mehr um eine Entscheidung herumkommen, ob er eine große Anhörung beantragt oder das Projekt in einer Schublade vermodern lässt.

(Helmut Wyrwich/Tageblatt.lu)