Ägyptens Militärrat unter Druck

Ägyptens Militärrat unter Druck
(dpa)

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Ägyptens Militärregierung bekommt Druck von allen Seiten. Die Massenproteste gehen weiter; EU und USA fordern ein ziviles Kabinett. El Baradei möchte gerne genau so eine Interimsregierung formen.

Ägyptens Militärregierung steht zu Beginn der ersten freien Wahl nach dem Sturz Mubaraks an diesem Montag unter massivem Druck. Am Wochenende wurden die Rufe nach einer schnellen Ablösung der Generäle immer lauter. Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei bot sich als Alternative an. Baredei sei bereit, eine neue Übergangsregierung zu bilden und anzuführen, ließ er über sein Büro ausrichten.

Bei den Protesten der vergangenen Woche sind mindestens 41 Menschen getötet worden. In dieser aufgeheizten Atmosphäre wählen die Ägypter ab diesen Montag ihr Parlament. Es ist die erste freie Wahl nach dem Sturz des Präsidenten Husni Mubarak im Februar. Das Ergebnis wird erst im Januar feststehen, weil in den Provinzen zeitversetzt abgestimmt wird.

Zugeständnisse an Opposition

Die Streitkräfte versuchten mit Zugeständnissen an die Protestbewegung, die Lage zu entschärfen. Der Vorsitzende des Militärrats, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, versprach laut Staatsfernsehen den Verzicht auf den Plan, eine Sonderstellung des Militärs in der Verfassung zu verankern. „Der Status der Armee bleibt auch in der neuen Verfassung unverändert“, so seine Zusage. Für den Urnengang versprach Tantawi „maximale Sicherheit“.

Die geplanten Verfassungsleitlinien hatten die Proteste angeheizt, weil sie unter anderem die Macht des Militärs absichern sollten. Die Armee genoss schon unter Mubarak zahlreiche Privilegien. Sie ist ein Staat im Staate, mit eigener Gerichtsbarkeit und eigenen Unternehmen.

Tahrir-Platz besetzt

Auf dem Tahrir-Platz haben sich die Demonstranten indes auf unbestimmte Zeit eingerichtet. Tausende strömten am Wochenende wieder auf den Platz im Stadtzentrum Kairos, der schon während des Arabischen Frühlings der Mittelpunkt der Proteste war. Vor dem etwa 500 Meter entfernten Kabinettsgebäude formten Aktivisten eine Sitzblockade, um den vom Militärrat zum neuen Ministerpräsidenten ernannten Kamal al-Gansuri daran zu hindern, das Gebäude zu betreten.

Am Samstag kam es dabei zu Ausschreitungen; ein Demonstrant wurde von Fahrzeugen der Sicherheitskräften überrollt und starb. Die Protestbewegung sieht in Al-Gansuri einen Vertreter des alten Regimes. Der heute 78-Jährige war von 1996 bis 1999 Regierungschef unter Langzeitpräsident Mubarak.

Gansuri bittet um Chance

Kurz nach seiner Ernennung appellierte al-Gansuri an die Demonstranten, ihm zwei Monate lang eine Chance zu geben. In einem Interview mit der arabischen Tageszeitung „Al-Sharq Al-Awsat“ beklagte er sich, dass Demonstrationen und Sitzblockaden seine Aufgabe nur schwerer machten. Die Protestbewegung müsse ihm und der künftigen Übergangsregierung eine Chance geben, ihre Forderungen umzusetzen und die anstehenden Aufgaben zu erfüllen.

Die Militärführung versuchte, bei Gesprächen mit prominenten Politiker Wege aus der Krise auszuloten. So trafen sich El Baradei sowie der frühere Generalsekretär der Arabischen Liga Amre Mussa am Samstag zu Einzelgesprächen mit Militärratschef Tantawi. Mussa macht sich Hoffnungen auf das Präsidentenamt. El Baradei ursprünglich auch. Der frühere Direktor der internationalen Atomenergiebehörde IAEA sagte aber jetzt, dass er für die neue Aufgabe als Chef einer Übergangsregierung auf die Kandidatur verzichten würde.

Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton schloss sich wie die USA der Forderung der Demonstranten nach einer zivilen Regierung an. „Die rasche Übertragung der Macht an eine zivile Herrschaft ist ein wichtiges Element des Übergangs und sollte so schnell wie möglich im intensiven Dialog erfolgen“, sagte sie laut einer in Brüssel verbreiteten Mitteilung. Zuvor hatten schon die USA den schnellen Übergang zu einer Zivilregierung verlangt.