Abschied vom „Halbgott in Weiß“

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Noch auf die Zeit des vorigen Gesundheits- und Sozialministers Mars di Bartolomeo geht ein Gesetz über Rechte und Pflichten von Patienten und Ärzten zurück, das am Dienstag im Parlament angenommen wurde.

„Die Koordination, Vereinfachung und Klarstellung des Verhältnisses zwischen Arzt und Patient, das derzeit in mehreren Gesetzen geregelt ist“, umschrieb Georges Engel (LSAP) das Gesetz, das gestern zur Debatte stand. Einen Seitenhieb gab es dabei an die Adresse der CSV, die das Gesetz bis zum 20. Oktober 2013 noch unterstützte, danach, als Oppositionspartei, aber kritisierte. Am Dienstag wurde das Gesetz mit 34-Ja-Stimmen bei 23 Enthaltungen und drei Gegenstimmen angenommen.

Mit dem Text wird auch die Basis für einen Entschädigungsfonds im Fall eines ärztlichen Kunstfehlers gelegt. Zu dessen Schaffung ist allerdings noch ein eigenes Gesetz notwendig. Im Streitfall über medizinische Fehler soll zunächst über eine Schlichtungsstelle eine Lösung gesucht werden.

Rechte

Das Recht, seinen Arzt frei auszuwählen, das Recht, über die Chancen und Risiken einer Behandlung informiert zu werden, das Recht, über seine Behandlung mit entscheiden zu können; es gehe darum, das paternalistische System mit dem Arzt als „Halbgott in Weiß“ abzuschaffen, betonte Engel. Mit Unverständnis reagierte er darauf, dass der Ärzteverband AMMD sich die schon heute bestehende Informationspflicht gegenüber dem Patienten künftig speziell entschädigen lassen möchte.

Jean-Marie Halsdorf (CSV) tat sich am Dienstag sichtlich schwer, den Sinneswandel seiner Partei zu argumentieren. U.a. habe man Bedenken, dass die Information des Patienten durch den Arzt in einer der drei Amtssprachen bei der kulturellen Vielfalt der Bevölkerung nicht ausreiche.

Die Schaffung einer Mediationsstelle schließlich werde Erwartungen wecken, die sie nicht erfüllen könne. Das Gesetz riskiere, mehr Probleme zu schaffen als es löse, meinte Halsdorf. Seine Aussage, die CSV werde sich beim Votum enthalten, wurde vom früheren Gesundheits- und Sozialminister und aktuellen Parlamentspräsidenten Mars di Bartolomeo mit einem Räuspern quittiert.

Eigentlich werde da etwas eingeführt, das es im Ausland schon längst gebe, wunderte sich Alexandre Krieps (DP) über die Aufregung einzelner Vorredner. Im Prinzip sei das Gesetz eine gute Sache, die Pflichten der Patienten würden aber etwas zu knapp behandelt. „Ein Fortschritt, der in gewissen Punkten aber noch umrahmt werden muss“, meinte der gelernte Mediziner.

In einem Punkt stimmte er seinem Vorredner allerdings zu. „Demnächst werden in den Arztpraxen Stoppuhren stehen“, prognostizierte er. Eine Sorge, die Gesundheitsministerin Lydia Mutsch zwar nicht ganz teilen wollte, mit der sich gegebenenfalls aber der Sozialminister auseinandersetzen müsse, spielte sie den Ball weiter.

Behandlungen im Ausland

Angenommen wurde am Dienstag auch eine EU-Direktive über grenzüberschreitende Gesundheitsleistungen. Bei leichten ambulanten Behandlungen ohne Einsatz hochtechnischer medizinischer Technik ist künftig keine Vorabgenehmigung durch die nationale Gesundheitskasse mehr notwendig. Die grenzüberschreitende Kostenübernahme wird die Regel, die Vorabgenehmigung bei größeren Interventionen, außer in Notfällen, die Ausnahme.

Anders als bei Inlandsbehandlungen, wo der „tiers payant“ gilt, müssen bei Auslandsbehandlungen aber die Behandlungskosten zunächst vom Patienten vorfinanziert werden. Erstattet wird auch nur nach dem nationalen Tarif. Eine Einschränkung, die schnell ins Geld gehen kann, wie am Dienstag mehrfach bemerkt wurde.