6000 Schuss Munition übers Internet gekauft

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(dpa)

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Der Amokläufer von Aurora hat seinen mörderischen Anschlag minutiös vorbereitet. Sein jüngstes Opfer: ein 6-jähriges Mädchen. Die Polizei hat unterdessen alle Sprengfallen in seiner Wohnung entschärft.

Der mutmassliche Amokläufer von Aurora hatte die Bluttat mit zwölf Toten und 58 Verletzten offenbar seit Monaten vorbereitet. Bei seinem Anschlag auf das Kino im US-Staat Colorado sei er mit „Berechnung und Absicht“ vorgegangen, sagte der örtliche Polizeichef Dan Oates am Samstag. Inzwischen konnten die Einsatzkräfte alle gefährlichen Sprengfallen aus der Wohnung des mutmasslichen Täters beseitigen. Die Bewohner umliegender Häuser könnten nun zurückkehren, teilte die Polizei mit.

Unterdessen trauerten verzweifelte Familien um ihre getöteten Angehörigen. Der Schock nach dem Amoklauf von Aurora liess auch den zuletzt immer erbitterter geführten Wahlkampf vorerst verstummen: US-Präsident Barack Obama und sein republikanischer Herausforderer Mitt Romney stellten ihre Terminplanung vorerst zurück, kondolierten den Familien der Opfer und riefen zur nationalen Einheit auf. Wie das Weisse Haus am Samstagabend mitteilte, will Obama am Sonntag nach Colorado fliegen. Dort wolle er mit Opfern und deren Familien zusammentreffen.

6000 Schuss Munition über Internet gekauft

Schon seit vier Monaten habe der mutmassliche Amokläufer mit der Post etliche Lieferungen erhalten und kürzlich über das Internet 6000 Schuss Munition gekauft, sagte Polizeichef Oates. Ausserdem erstand der Verdächtige eine Trageweste, zwei Magazinhalter und ein Messer für rund 300 Dollar (rund 246 Euro) bei einem Online-Händler für Polizei- und Militärausrüstung.

Die Bestellungen habe er sich sowohl nach Hause als auch an die Universität schicken lassen, sagte Oates. „Das ist der Beweis für eine gewisse Berechnung und Absicht. Die Wohnung des Verdächtigen sei so mit Krügen mit Brandbeschleunigern, Sprengstoff und Chemikalien präpariert gewesen, um „jeden, der sie betrat“ zu töten. Das hätte auch einer seiner Polizeibeamten treffen können. „Ob wir wütend sind? Wir sind stinksauer“, antwortete Oates bei einer Pressekonferenz auf die Frage eines Reporters.

Offenbar war die Wohnung des Verdächtigen mit unterschiedlichen Sprengfallen gesichert. Ein Sprengsatz sei durch eine kontrollierte Explosion detoniert und etliche andere entschärft worden, nachdem ein Roboter ein elektrisches Kabel durchtrennt habe, sagte FBI-Agent James Yacone. Daraufhin hätten Sprengmeister eine sogenannte „hyperbolische Mixtur“ und einen anderen selbstgebauten Sprengsatz unschädlich gemacht. Ausserdem seien etliche Brandbeschleuniger entdeckt worden. „Es war eine extrem gefährliche Umgebung“, sagte Yacone weiter. Jeder, der hineingegangen wäre, hätte sich „erhebliche Verletzungen“ zuziehen oder umkommen können.

In der Wohnung des Verdächtigen waren die Einsatzkräfte noch immer damit beschäftigt, Beweismaterial zu sichern. Die Fenster wurden zudem mit schwarzer Plastikplane verdeckt, damit Schaulustige keinen Blick hinein werfen konnten.

Die Mietwohnung des mutmasslichen Täters liegt im zweiten Stock. In der Nacht zum Freitag war in seiner Wohnung laute Technomusik zu hören gewesen. Eine Nachbarin schaute nach und wollte sich beschweren. Die Tür sei nicht verschlossen gewesen, doch sie ging nicht rein. Die Ermittler vermuten, dass die laute Musik ein Trick gewesen war, um noch weitere Menschen in den Tod zu reissen.Laut der Nachrichtenagentur Reuters soll der Täter eine Zeitschaltuhr für die Stereoanlage eingesetzt haben. Doch der Täter hat die Polizei nach dem Amoklauf vor den Sprengstofffallen gewarnt.

Mutmasslicher Täter in Einzelhaft

Über das Motiv des Täters herrschte derweil noch immer Rätselraten. Er befand sich am Samstag in einer Haftanstalt zu seinem Schutz in Einzelhaft. Nach Behördenangaben soll er am Montag vor Gericht erscheinen. Ihm sei zudem ein Pflichtverteidiger zugewiesen worden.

US-Präsident Obama und sein republikanischer Herausforderer Romney sprachen derweil den Familien der Opfer ihr Mitgefühl aus. Er hoffe, jeder nehme sich am Wochenende Zeit für „Gebete für die Opfer dieser schrecklichen Tragödie“, erklärte Obama in seiner wöchentlichen Radioansprache am Samstag.

Unter dem Eindruck der Bluttat war er vorzeitig von einer Wahlkampfreise in Florida nach Washington zurückgekehrt. Die Schiesserei sei eine „Erinnerung daran, wie zerbrechlich das Leben ist“, erklärte er unmittelbar nach dem Amoklauf vor Anhängern in Fort Myers. „Letztlich geht es nicht um die kleinen, trivialen Dinge, sondern wie wir einander behandeln und wie wir uns lieben.“ Sicherheitsberater John Brennan unterrichte Obama über den Fortgang der Ermittlungen und dem Einsatz der Sicherheitskräfte in der Wohnung des Verdächtigen, teilten Gewährsleute mit. Am Sonntag will der Präsident nach Colorado fliegen, wie das Weisse Haus mitteilte.

Romney kondolierte bei einem Auftritt im Staat New Hampshire und stimmte in den Aufruf Obamas zu nationaler Einheit ein. Er spreche jenen sein Mitgefühl aus, „deren Leben in einigen wenigen Momenten erschüttert wurden, einigen wenigen Momenten des Bösen in Colorado“, sagte Romney. „Die Antwort ist, dass wir zusammenkommen können. „Wir werden unseren Mitbürgern das gute Herz Amerikas zeigen.“

Sechsjähriges Mädchen unter Todesopfern

Unterdessen wurden immer mehr Einzelheiten über die Opfer der Tragödie von Aurora bekannt. Das jüngste Todesopfer war ein sechsjähriges Mädchen. Die kleine Veronica Moser sei in der Nacht zum Freitag mit ihrer Mutter in das Kino gegangen, sagte eine Verwandte, Annie Dalton. „Sie war so lebensfroh, wie man es von einer Sechsjährigen erwarten würde.“ Die Mutter liege mit Kugeln im Hals und einer Schusswunde im Unterleib auf der Intensivstation, sagte Dalton. „Niemand hat ihr etwas gesagt. Sie ist in kritischem Zustand, aber sie fragt nur nach ihrer Tochter.“