45.000 Menschen sind weg

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(dpa)

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Etwa 45.000 Menschen haben vor der Entschärfung mehrerer Weltkriegsbomben im Rhein die Stadt Koblenz verlassen. Rund 2500 Helfer sind im Einsatz.

Die Räumung der Sperrzone sei bis zum Morgen problemlos abgelaufen, sagte Feuerwehrsprecher Manfred Morschhäuser am Sonntag. Viele Bewohner seien bereits am Samstag zu Bekannten oder Verwandten gereist. Es ist die größte Evakuierung wegen eines Blindgängers in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg. Rund 2500 Helfer sind im Einsatz.

Luftmine
Luftminen sind im Zweiten Weltkrieg von Deutschen, Briten und Amerikanern bei Luftangriffen auf Städte eingesetzt worden. Sie waren bis zu 80 Prozent mit hochexplosivem Sprengstoff gefüllt und größer als herkömmliche Bomben. Auch ihre Sprengkraft war enorm, so zerstörte die Druckwelle im Umkreis von 100 Metern in der Regel alle Häuser und beschädigte Gebäude in bis zu 1.000 Metern Umgebung stark.

Die Explosion wurde meist durch sogenannte Aufschlagszünder ausgelöst. Bei der Luftmine in Koblenz handelt es sich um ein 1,8 Tonnen schweres britisches Modell namens „HC 4.000“. An ihm wurden drei Zünder gefunden.
dapd

Bei einem Kontrollgang durch die Stadt mit insgesamt 106.000 Einwohnern prüften am Vormittag rund 1000 Einsatzkräfte, ob sich nicht doch noch Menschen in der Sperrzone aufhalten. Danach sollte die Entschärfung beginnen. Der Zeitplan sah dafür 15.00 Uhr vor, doch nach Angaben der Stadt könnten die Experten vom Kampfmittelräumdienst voraussichtlich schon gegen Mittag starten.

Komplizierte Entschärfung

Der Kampfmittelräumdienst muss sich um eine 1,8 Tonnen schwere britische Luftmine, eine kleinere US-Bombe sowie ein Fass mit giftigen Chemikalien kümmern. Vor der Entschärfung wurde am Sonntagmorgen das Rheinwasser um die Fundstelle der großen Bombe abgepumpt. Das war in den vergangenen Tagen erfolgreich getestet worden. Auch die Entschärfung der kleineren Bombe könnte kompliziert werden. Sie ist den Experten zufolge in schlechtem Zustand.

Für die evakuierten Menschen stehen sieben Betreuungsstellen mit 12.000 Plätzen in Schulen in Koblenz und Umgebung bereit. Am Morgen zeichnete sich aber ab, dass weit weniger Koblenzer das Angebot in Anspruch nehmen. Bis 09.30 Uhr trafen in den Betreuungseinrichtungen nach Angaben der Stadt nur rund 330 Menschen mit den bereitgestellten Shuttle-Bussen ein. Lautsprecherdurchsagen forderten die verbliebenen Bewohner noch einmal auf, die Sperrzone im Umkreis von 1,8 Kilometern rings um die Bombe zu verlassen.

Ungewöhnlich Trocken

Mit Krankenwagen wurden am Morgen noch rund 200 pflegebedürftige Altenheimbewohner weggebracht. Schon in den vergangenen Tagen waren auch eine Haftanstalt und zwei Krankenhäuser geräumt worden. Koblenz wurde am Sonntag zudem von allen überregionalen Straßen- und Bahnverbindungen getrennt.

Fußgänger hatten die große Bombe war am 20. November im Rhein auf Höhe des Stadtteils Pfaffendorf entdeckt. Funde wie die in Koblenz häufen sich derzeit im Rhein, denn der Fluss hat nach dem ungewöhnlich trockenen November einen sehr niedrigen Wasserstand.

Stark bombardiert

Koblenz war schon öfter Schauplatz spektakulärer Entschärfungen, weil die Stadt im Zweiten Weltkrieg als Militärzentrum und Verkehrsknotenpunkt stark bombardiert worden war. Bei der zuvor umfangreichsten Evakuierung in der Nachkriegsgeschichte hatten am Pfingstmontag 1999 rund 15 000 Koblenzer ihre Häuser räumen müssen.