Ventil geplatzt

Ventil geplatzt
(Ifinzi)

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Zwischenfall Lunghi-Schram

Um jeglichen Missverständnissen vorzubeugen: Enrico Lunghi hat überreagiert. Der Beruf einer Journalistin ist es, Fragen zu stellen. Kluge, dumme, provokante oder überflüssige. Die Pressefreiheit ist ein unantastbarer Wert. Und sobald bewiesen sein sollte, dass Lunghi die Journalistin verletzt hat, wird er dafür bestraft.

Janina Strötgen
jstroetgen@tageblatt.lu

Doch die Reaktionen auf den Zwischenfall stehen in keinem Verhältnis. Auf nahezu allen Ebenen scheint ein Ventil geplatzt zu sein, durch das sich nun längst existierende Aversionen gegen das Mudam und seinen Direktor entladen.

Doch nicht nur das, der Schram-Zwischenfall zeigt auch, wie weit unsere Gesellschaft mittlerweile dem Populismus, der Vereinfachung und dem Vorverurteilen verfallen ist. Ein Anwalt spricht sofort von „türkischen Verhältnissen“, ein Kulturminister lädt auf Anfrage des größten Medienhauses schnellstmöglich zu einer Pressekonferenz, in den sozialen Medien machen sich vor allem Häme und Beschimpfungen breit und die Presse, ja die Presse haut vor allem News heraus. Im Wettkampf um Schnelligkeit und Klicks. In einem Wettkampf, bei dem sie manchmal vergisst, nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten zu haben.

„Wir sind doch hier in einem zivilisierten Land“, sagte der Anwalt noch. Wirklich? Natürlich, Bildung und Benehmen gehören dazu, aber zivilisiert zu sein, bedeutet vor allem auch, in der Lage zu sein, die Menschlichkeit anderer zu erkennen. Trotz unterschiedlichster Auffassungen.