Solidarität der Demokraten

Solidarität der Demokraten
(AP)

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Es ist schon bemerkenswert, dass mittlerweile sogar Moskau und Peking vorsichtig auf Distanz zum Assad-Regime gehen. Lange Zeit haben sie jede „Einmischung in die inneren Angelegenheiten“ dieses Landes strikt abgelehnt.

Diesen Begriff nehmen Despoten jedweder Couleur traditionell in Anspruch, wenn sie sich der Aufmerksamkeit vonseiten der Menschenrechtsaktivisten erwehren wollen.

Francis Wagner fwagner@tageblatt.lu

„Wir regeln unsere Angelegenheiten en famille. Sie gehen Fremde einen feuchten Dreck an“, so oder ähnlich tönen Diktatoren, wenn sie ungestört Dissidenten zum Schweigen bringen wollen.

Und da man sowohl in Moskau wie in Peking jede Form von Aufruhr fürchtet wie der Teufel das Weihwasser, neigt man dort zu einer Art von instinktiver Solidarität mit Schlachtergesellen vom Schlage Assads.

Sicher, man kann wohl nicht die ganze Welt mit dem westlichen Demokratiemodell beglücken. Vor allem aber sollte man nur im äußersten Notfall Bomber und Panzer schicken, um einem Despoten das Handwerk zu legen. Gerade die Kriege in Irak und Afghanistan haben gezeigt, dass sich für die meisten Bürger eines dergestalt zwangsbeglückten Landes oft nur wenig zum Besseren wendet.

Teure „Befreiung“

Im Gegenteil: Ungezählte Iraker und Afghanen haben für ihre „Befreiung“ mit dem Leben bezahlt. Und auch in Libyen weiß man zurzeit noch nicht, ob die westlichen Bomben im Endeffekt tatsächlich zur Schaffung einer freieren und gerechteren Gesellschaft beigetragen haben. Zurzeit herrscht in Teilen Libyens wohl eher „mob rule“ als lupenreine Demokratie.

Auch der syrischen Rebellion darf man nicht kritiklos begegnen. Gerade der Einfluss radikaler Islamisten auf diese Bewegung gibt ernsten Anlass zur Sorge. Wenn am Ende dasAssad-Regime durch eines ersetzt werden würde, in dem Salafisten die Strippen ziehen, wäre der Aufstand das ganze Blutvergießen (an dem aber das Assad-Regime in erster Linie schuld ist!) wohl kaum wert gewesen.

Andererseits darf der allfällige Einfluss der Salafisten auf Teile der Rebellion nicht als Vorwand dienen, dass die Westler jenen Syrern, die endlich in einem wirklich freien Land leben wollen, die Solidarität verweigern.

Dass ein Klan wie die Assads (oder die Kims in Nordkorea) im Verein mit einer Clique von gierigen Lamettaträgern und raffsüchtigen Mafiosi ungestraft auf Jahrzehnte hinaus einem Land eine „mise en coupe réglée“ aufzwingen darf, sollte dann doch im 21. Jahrhundert einen Anachronismus darstellen, der jedem zivilisierten Menschen ein Skandal sein muss. Auch Syrien wird man nicht mithilfe von Drohnen und lasergelenkten Bomben zu einem glücklicheren Ort machen können.
Alle Anhänger und Verteidiger einer demokratischen Gesellschaftsordnung schulden aber jenen Syrern, die das Joch des Assad-Klans endlich zugunsten einer echten Freiheit abschütteln wollen, Beistand und Solidarität.