Information und Zensur

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Menschenrechtsverletzung, Zensur, Umweltverschmutzung, Machtmiss- brauch: Themen, die im Vorfeld der Olympiade weltweit für harte Auseinan- dersetzungen gesorgt haben und die sich wie ein roter Faden durch die Sammelausstellung „China Power Station: Part III“ im Mudam ziehen. Begleitend zu den Spielen stellen wir täglich einen der 21 jungen chinesischen Künstler vor.

Die Ausstellung im Mudam ist die dritte Station eines Ausstellungsprojekts, das die Entwicklung der chinesischen Kulturszene der letzten Jahrzehnte zeigt. Im Gegensatz zu Part I (Serpentine Gallery in London) und Part II (Astrup Fearnley Museum in Oslo), sind im Mudam vor allem Künstler der jungen Generation ausgestellt, der ersten Generation chinesischer Künstler, die mehrheitlich in ihrem Land bleiben und dort arbeiten konnte. Dadurch wurden sie zu Zeugen der grundlegenden Veränderungen, die das Land gegenwärtig erlebt. Ihre Werke sind häufig dialektisch geprägt, da die jungen Künstler einerseits Missstände anprangern und Paradoxien im Modernisierungsprozess aufdecken, andererseits aber auch von einer engen Verbundenheit und Liebe zu China zeugen. Heutiger Künstler ist Xue Tao. Er ist 1975 in Yunnan im Südwesten Chinas geboren und lebt und arbeitet in Peking. Sein Werk, das gleich zu Beginn im Mudam zu sehen ist, spricht das Tabuthema der chinesischen Informationsgesellschaft an: die Zensur. Aus der Ferne betrachtet, nehmen seine Skulpturen aus Seilen menschenähnliche Gestalt an. Erst beim genaueren Hinsehen bemerkt man, dass die Seile aus Zeitungspapier bestehen, das Tao in aufwendiger Handarbeit in Kordeln zusammengezwirbelt hat. Indem er Zeitungspapier, ein altmodisches, überall verfügbares Informationsmedium verarbeitet, nimmt Tao zur Informationsflut und zum Tempo, das die heutigen Kommunikationswege im Zeitalter von Internet bestimmt, kritisch Stellung. Durch die Kordeln ist beinahe die Hälfte des Informationsgehaltes versteckt, eine nicht misszuverstehende Botschaft in einer für die Zensur unverständlichen Sprache. Zu entziffern ist auf dem Kunstwerk kaum noch etwas, nicht nur weil die Artikel in chinesischen Schriftzeichen geschrieben sind, sondern vor allem, weil durch die Reibung der Kordeln die Druckfarbe verschmiert ist. Doch des Textes bedarf es auch nicht, um die Botschaft zu verstehen.
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