Das Ende eines Traums

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Am 8. Dezember 1980, nach 22.49 Uhr New Yorker Zeit, wurden im Radio plötzlich viele Lieder von John Lennon gespielt. Nicht die üblichen Hits, und viele Fans ahnten vor den Fernsehbildern, die schließlich die schreckliche Gewissheit brachten: Ihr Idol ist tot.

Uwe Käding   

John Lennon, der mit „Give Peace A Chance“ der Friedensbewegung eine Hymne für Gewaltfreiheit gegeben hatte, wurde vor seiner Wohnung im Dakota-Gebäude an der New Yorker Upper Westside von einem verwirrten Fan erschossen. Der Täter, Michael Chapman, ließ sich von dem Ex-Beatle ein Autogramm geben, bevor er die tödlichen Schüsse abfeuerte.

Madonna Louise Ciccone war damals 22 Jahre alt und noch kein Superstar. Sie wanderte damals durch den Central Park, hörte die Polizeisirenen und sah, wie sich eine Menschenmenge vor dem Dakota-Gebäude bildete. „Ich erinnere mich, wie ich hinging und fragte, was los sei“, sagte Madonna zum 25. Todestag Lennons. „Und sie sagten, John Lennon sei niedergeschossen worden. Es war unheimlich.“

Ein Berg verschwindet, ein Fluss ist weg

Marianne Faithfull beschrieb zum 20. Todestag, wie sie vom Tod des Ex-Beatles erfuhr. Sie sei in einem Londoner Taxi gewesen, im Radio hätten sie dann „A Day In The Life“ gespielt. „Sein Erbe? Kaum der Rede wert: Er hat nur das Gesicht der Popmusik für immer verändert.“

Und so verbinden sich mit dem 30. Todestag Lennons schon längst zu Protokoll gegebene Erinnerungen von Lennons Musikerkollegen. Tom Petty sagte einmal, nach der Todesnachricht habe er nicht mehr weiterarbeiten können. „Ich fuhr nach Hause und unterwegs sah ich Leute an den Ampeln sitzen und weinen. Es war schwer zu glauben. Irgendwie glaub ich’s heute noch kaum.“ Sting sagte, er sei „ungläubig, schockiert, entsetzt“ gewesen.

„Wenn Menschen wie er sterben, dann verändert sich gleichsam die Landschaft. Ein Berg verschwindet. Ein Fluss ist weg. Sein Tod hatte durchaus eine vergleichbare Wirkung.“

2010: John Lennon wäre 70 geworden

Nun ist 2010 erreicht, das Jahr, in dem Lennon am 9. Oktober 70 Jahre alt geworden wäre und in dem sich sein Todestag zum 30. Mal jährt.

Seine Witwe, Yoko Ono, ist wieder als Handlungsreisende in Sachen John Lennon unterwegs gewesen und hat ihrem Produktkoffer das „Signature Box Set“ mit allen sieben remasterten Studioalben und vier weiteren CDs, einer Hitkollektion namens „Power To The People“, vier thematisch zusammengestellte CDs unter dem Titel „Gimme Some Truth“ und das letzte Album „Double Fantasy“ in einer „Stripped Down“-Version hinzugefügt.

Die sieben Lennon-Alben und das Beatles-Werk, das er sich mit Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr teilt, sind das Vermächtnis Lennons. „Wenn John Lennon nur eines der vier Mitglieder der Beatles gewesen wäre, hätte dies bereits seine künstlerische Unsterblichkeit gesichert“, heißt es in der Biografie auf der von Ono betreuten offiziellen Webseite John Lennons.

Ein Genie mit duchdringender Intelligenz und Witz

„Der sogenannte ’smart Beatle‘ brachte eine durchdringende Intelligenz und einen treffsicheren Witz in die Musik und Selbstdarstellung der Band. Aber in Liedern wie ’Strawberry Fields Forever‘, ’Norwegian Wood‘, ’Rain‘ und ’In My Life‘ arrangierte er auch großartige Melodien, um einen anspruchsvollen, traumhaften Weltschmerz heraufzubeschwören, der nicht seinem Alter entsprach.

Solche Arbeit legte nicht nur eine profunde musikalische und literarische Sensibilität – kurz, ein Genie – nahe, sondern eine Vision, die zugleich nachdenklich, utopisch und auf ergreifende Weise realistisch war.“

Kritischer Kopf mit dem Herzen eines Rebellen

Lennon war ein kritischer Kopf, aber auch ein Rebell, der in kritischen Situationen den Kopf verlieren konnte. Er konnte Menschen mit der Zärtlichkeit in Liedern wie „Julia“ oder „Woman“ verzaubern, aber auch mit boshaftem Spott überschütten wie Paul McCartney in „How Do You Sleep“. Er konnte Hymnen wie „Imagine“ schreiben, dem „Working Class Hero“ den Spiegel vorhalten und musikalisch die Welt im „Instant Karma“ aufgehen lassen.

Lennon war eines der ersten Pop-Idole, die ihre Berühmtheit offen für politische Ziele einsetzten: Legendär die „Bed-Ins“ für den Weltfrieden mit Yoko Ono 1969 in Amsterdam, Montreal und Wien.

„You may say that I’m a dreamer“, sang er in „Imagine“. „But I’m not the only one. I hope someday you’ll join us and the world will live as one.“ Der Traum ist noch nicht ausgeträumt – John Lennon gab der Sehnsucht nach einer besseren Welt einen Klang, der in seinen Liedern weiterlebt.