Simone Hierzeg-Schemel denkt an ihre Pension. „40 Jahre gearbeitet.“ Da müsse man auch loslassen können, gibt sie zu verstehen. Sie betont aber, dass sie ihren Arbeitsplatz mag: „Sehr sogar, sonst wäre ich wohl nicht so lange geblieben. Und ich liebe Mondorf.“

1986 beginnt sie bei der staatlichen Postverwaltung als Schalterbeamtin. „Ich habe an verschiedenen Orten ersetzt, auch in Mondorf.“ Ab 1989 ist sie fest in der alten Post, mitten im Thermalstädtchen. Sie ist bis heute dabei, nur eben seit dem Umzug im März 2007 an neuer Adresse, in der modernen Postagentur in der Avenue Lou Hemmer.
Für die Kundschaft sei das damals keine große Umstellung gewesen. Die beiden Gebäude liegen nah beieinander. Früher musste man ein paar Treppen steigen, heute ist der Zugang ebenerdig und es gibt viele Parkplätze, „es sei denn, vor der Tür findet gerade ein größeres Event statt“. Die neue Post ist moderner, schöner, aber auch kleiner. „Früher war es geräumiger, auch, weil fünf Briefträger dort ihre Touren vorbereiteten.“
Charme früherer Zeiten
Manches habe sich verändert. Die Sicherheit sei heute anders geregelt, aber auch damals habe es bereits Kameras, Sicherheitsglas und schwere Gitter vor den Fenstern gegeben. Fenster übrigens, die sich noch öffnen ließen. „Heute wird es im Sommer durch die großen fixen Scheiben, trotz Klimaanlage, schnell sehr heiß.“
Simone Hierzeg-Schemel erinnert sich gerne an die „Al Post“: „Alte Gebäude haben ihren eigenen Charme.“ Die Arbeit dort mitunter auch: „Es gab noch Telegramme, Postschecks, Monatsabschlüsse auf Unmengen Papier. War alles etwas zeitaufwendiger. Alles wurde per Hand eingeschrieben, kontrolliert, abgelegt. Computer waren noch selten.“ Heute sei vieles einfacher.
Ihre Augen leuchten, wenn sie von der Atmosphäre damals erzählt: „Die Stimmung war eine etwas andere, besonders, als die Briefträger noch bei uns im Haus waren und ihre Touren aufteilten, bevor sie loszogen.“ Es habe echte Freundschaften gegeben, man habe viel miteinander unternommen. „Manchmal habe ich geholfen, die Briefe den Straßen zuzuordnen. Und ich war sogar mal mit auf einer Tour.“ Auch das Café neben der „Al Post“ bleibt ihr in guter Erinnerung. „Ich konnte dort anrufen und mir ein Eis oder eine Cola bestellen, das wurde mir dann direkt an den Schalter gebracht. Es war eine schöne Zeit.“
Der gute Kontakt zu den Menschen sei geblieben. „Wir sind eine ländliche Post. Man kennt die Leute, viele, besonders ältere Kundinnen und Kunden kommen gerne, nicht nur zum Plaudern, sondern weil sie jemanden brauchen, der ihnen hilft: beim Verschicken von Briefen, Ansichtskarten, Paketen oder beim Bezahlen von Rechnungen. Viele kommen mit dem Onlinebanking nicht immer so ganz klar.“
Die „Al Post“ sei jetzt schön zurechtgemacht, sagt Simone Hierzeg-Schemel, die bereits Gelegenheit hatte, sich im renovierten Gebäude umzusehen. Natürlich werde sie bei der offiziellen Eröffnung am Dienstagnachmittag dabei sein. Sie dürfte den Anwesenden viel zu erzählen haben.
Ich fuhr mit dem Fahrrad, die richtigen Briefträger hatten Vespas
Die Post als Zuhause
Auch Josy Welter (76) hat viel zu erzählen über die alte Post in Mondorf. 16 Jahre lang hat er dort gelebt, im ersten Stockwerk, über den Schaltern. Sein Vater, Léo Welter, war damals Postvorsteher. Eigentlich sollte die Familie nach Echternach ziehen, doch es kam anders: 1956 führte die Fügung sie von Steinfort nach Mondorf. Josy Welter kam in die dritte Klasse der örtlichen Primärschule.

„Mein Zimmer war oben links, wenn man vor dem Gebäude steht“, erzählt er. „Im Stockwerk darüber hatten mein Vater und ich eine große Märklin-Modelleisenbahn aufgebaut. Die Lokomotiven habe ich heute noch.“ Auch Tennis habe er dort gelernt – auf der Straße vor der Post. „Ab und zu ging dabei eine Scheibe zu Bruch, der Glaser kannte uns schon.“ Die Nähe zum damaligen Reitplatz auf der Wiese hat ihm ebenfalls bleibende Erinnerungen beschert: „Unsere Küche ging zur Rückseite. Von dort sind wir durchs Fenster auf ein Vordach gestiegen, haben Stühle aufgestellt und saßen bei den Reitveranstaltungen quasi in der ersten Reihe.“
Während seiner Schulzeit half er in den Ferien in der Post mit: „Beim Aufteilen, Abstempeln, Austragen der Briefe. Ich kannte alle Touren, alle Straßen. Ich fuhr mit dem Fahrrad, die richtigen Briefträger hatten Vespas.“ Bis 1972 wohnte er in dem Haus, „dann habe ich geheiratet und bin weggezogen, mein Vater blieb noch einige Jahre, bevor er in die Postdirektion nach Luxemburg-Stadt wechselte“.

Am Dienstagnachmittag zur Wiedereröffnung der „Al Post“ will Josy Welter natürlich auch anwesend sein.
Das denkmalgeschützte Gebäude im Art-Nouveau-Stil der 30er Jahre wurde vor rund 25 Jahren von der Gemeinde übernommen. Nach langer Sanierung und mehrjährigem Leerstand öffnet es nun als Tourismusbüro und „Office social“ wieder seine Türen.
Einblicke ins neue Innenleben der alten Mauern folgen in Kürze.

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