EditorialZurück auf Los: Hoffnung für Esch in schwierigen Zeiten

Editorial / Zurück auf Los: Hoffnung für Esch in schwierigen Zeiten
Christian Weis am Dienstag bei einer Demonstration von Obdachlosen vor dem Escher Rathaus Foto: Editpress/Alain Rischard

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Es weht ein frischer Wind in Esch, das ist spätestens bei der Haushaltsvorstellung des neuen Bürgermeisters Christian Weis deutlich geworden. Weis ließ gleich zum Auftakt seiner Budget-Rede aufhorchen, als er sich beim Gemeinderat für die kurzfristige Verschiebung der Präsentation entschuldigte.

Kurz zuvor, bei seiner Antrittsrede, hatte er das parteiübergreifende Votum von Ende November, das ihn als 32. Bürgermeister der Stadt bestätigte, thematisiert und von Demokratie über Parteigrenzen hinweg gesprochen. Dafür drückte er den Räten seinen Respekt, seine Dankbarkeit und seine Anerkennung aus. Töne, wie man sie in den letzten Jahren nicht mehr im Gemeinderat gehört hatte, zu vergiftet war dafür die Atmosphäre, zu dünnhäutig und kritikunfähig Weis’ Vorgänger Georges Mischo.

Töne also, die auf ein konstruktiveres Arbeiten in der Zukunft hoffen lassen. Weis bezeichnete Esch als Stadt mit Vorreiterstatus in Bezug auf Sozial-, Chancengleichheits- und Inklusionspolitik, als „port d’accueil“, und unterstrich die Diversität. Auf all das können die Escher stolz sein, so der neue Bürgermeister. Allerdings sei Esch auch alles andere als eine „hypermoderne Stadt“. Zum Schluss versprach er verantwortliches Handeln, Menschlichkeit und Bodenständigkeit.  

Damit genug der Vorschusslorbeeren, immerhin war Weis die letzten drei Jahre Mitglied des Schöffenrats und hat somit die Politik der Mehrheit mitgetragen. Eine Politik, die sich immer mehr als finanzielles Vabanquespiel entpuppt. Für Inflation und Wirtschaftsstagnation nach diversen Krisen ist der Schöffenrat nicht verantwortlich, doch kann das nicht alleine erklären, weshalb in Lallingen momentan die vielleicht teuersten Trainingshallen Europas gebaut werden. Sie können auch nicht das Fass ohne Boden namens Konschthal erklären. Zu hoffen ist, dass man bei den noch laufenden (Renovierungs-)Projekten nicht ähnlich groß gesehen hat.

Hinzu kommt eine Einstellungsoffensive innerhalb der Gemeinde. Die Mehrausgaben für das Personal belaufen sich 2023 im Vergleich zu vor fünf Jahren auf 51 Millionen Euro. Gepaart mit rückläufigen Zuwendungen aus der Gemeindefinanzierung des Staates lässt das den finanziellen Spielraum der nächsten Jahre immer kleiner werden. 70 Millionen Euro Kredit braucht es dieses Jahr, um das Budget ins Gleichgewicht zu bringen, für 2024 wird mit einer Anleihe von 97,5 Millionen Euro gerechnet.

Kein Wunder demnach, dass der neue Bürgermeister nun die Devise der vorsichtigen Finanzplanung und Investitionspolitik ausgegeben hat. Dass 58 Gemeindewohnungen momentan nicht bewohnbar sind, findet Weis nicht akzeptabel. Das ist es auch nicht. Es beweist lediglich, wie sträflich die schwarz-grün-blaue Mehrheit in der Vergangenheit die Wohnungspolitik und das Soziale vernachlässigt hat. Das passt nicht zu einer Stadt wie Esch, schon gar nicht in Krisenzeiten. Es ist höchste Zeit, sich auf alte Werte zu besinnen und das Sich-selbst-Feiern hinter sich zu lassen. Die Rede des neuen Bürgermeisters vom Mittwoch lässt jedenfalls genau darauf hoffen. Für Schwarz-Blau-Grün heißt es demnach: Zurück auf Los!